Schulen suchen Leselernhelfer

Einmal pro Woche geben Mentoren Schülern Nachhilfe – die Grundschule Haßlinghausen will demnächst auch starten.

Sprockhövel. Nachhilfe - ein Stigma? Barbara Rupp erlebt das völlig anders, wenn sie mit ihren inzwischen 35 Leselernhelfern jeweils wöchentlich einem Grundschul- oder Hauptschulkind Anschub in Sachen Lesen gibt. "Die Kinder sehen das sogar als Bevorzugung, wenn sich jemand speziell um sie kümmert und sie nicht eventuell im Klassenverband untergehen."

Im Sommer hat die 64-jährige Gymnasiallehrerin, die derzeit im Vorruhestand ist, ihre Initiative "Mentor - die Leselernhelfer" in Sprockhövel an den Grundschulen Börgersbruch und Nord sowie an der Gemeinschaftshauptschule gestartet. Nach den guten Erfahrungen dort soll die Aktion jetzt auch auf die Grundschule Haßlinghausen ausgeweitet werden. Und dazu sind weitere ehrenamtliche Mentoren gesucht.

"Ich habe von Kolleginnen gehört, wie toll das in Niedersprockhövel läuft, und habe daraufhin Frau Rupp angerufen, ob sie so etwas nicht auch hier aufbauen kann", sagt die Leiterin der Grundschule Haßlinghausen, Christa Mitze.

Inzwischen haben sich bereits die ersten Mentoren gemeldet, unter anderem die ehemalige Schulleiterin Marlen Hofeditz, seit einem Jahr im Ruhestand, und ihr Mann Willi. "Das hat uns natürlich sehr gefreut, ebenso wie die Unterstützung durch die Buchhandlung Balthasar, in der sich Mentoren ebenfalls melden können", sagt Mitze. Eine spezielle pädagogische Ausbildung müssen die Leselernhelfer nicht haben. "Sie sollten nur selbst gerne lesen, zuhören und erzählen können und freude an der Arbeit mit Kindern haben.

"Wir haben hier junge Mütter genauso wie Menschen, die nicht mehr im Berufsleben stehen", erzählt Barbara Rupp über ihre bisherigen Mentoren. Ihnen ist je ein Schützling zugewiesen. Wer diesen speziellen Förderbedarf hat, bestimmen die Klassenlehrerinnen. "Bevorzugt werden natürlich solche, die sich Nachhilfe nicht leisten können, oder auch Kinder von Migranten, die mit besonderen Sprachproblemen zu kämpfen haben", sagt Rupp. Sie lernte die Arbeit der Leselernhelfer noch als aktive Lehrerin über den Bochumer Mentoren-Verein kennen und war davon so überzeugt, dass sie das nun auf Sprockhövel übertragen hat.

Hilfe gibt es auch von der Stadt, die der Initiative in Aussicht gestellt hat, Büro und Versammlungsraum in der künftigen Bürgerbegegnungsstätte, Dorfstraße 13, zur Verfügung zu stellen, die Anfang März öffnet. "Dort könnten wir auch Treffen und Schulungen für unsere Mentoren organisieren", zeigt sich Rupp begeistert. Sie betont, dass sie nicht in Konkurrenz zu Lesemüttern treten will, die an vielen Schulen ehrenamtlich mithelfen. "Bei uns geht es jeweils um die gezielte Förderung eines Kindes." Das soll allerdings ganz ohne Krampf geschehen. Rupp: "Wir wollen Lust aufs Lesen machen."

Und das klappt wie am Schnürchen. Auch die Resonanz an den beiden anderen Grundschulen ist extrem gut. "Es ist einfach genial, es läuft so gut", sagt etwa Brigitte Weigelt, Leiterin der Grundschule Nord. Die Begeisterung ist ihr deutlich anzumerken. "Die Leselernhelfer sind eine der besten Errungenschaften der letzten Zeit." Zehn Lesepaten kümmern sich derzeit um zehn Kinder aus den Klassen eins bis vier. "Damit auch der Unterbau stimmt", erklärt Weigelt. Ursprünglich war geplant, die Klassen drei und vier zu unterstützen, aber die benötigen bereits eine solide Grundlage, um auch altersgerechte Bücher lesen zu können. "Wir haben die Paten sorgfältig ausgesucht, es passt alles ganz toll zusammen." Eine merkliche Verbesserung sei bereits eingetreten, vor allem bei den Kindern, die zu Hause wenig Unterstützung bekämen, etwa wegen eines anderen kulturellen Hintergrunds.

Ganz ähnlich reagiert die Leiterin der Grundschule Börgersbruch, Christa Heinbruch. "Wir sehen das ganz, ganz positiv - die resonanz ist riesig, Schüler, Paten, Eltern und Lehrer sind begeistert und zufrieden." Bisher betreuen die Leselernhelfer dort zwölf Schüler aus den dritten und vierten Klassen. "Wir würden es aber gern ausweiten auf die zweite Klasse", sagt Heinbruch. "Die Kinder erleben, dass für eine geraume Zeit jemand für sie ganz alleine da ist. Das ist ein schönes Gefühl."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort