Schachtzeichen: Schaut - Dort fuhr man ein

Ballon über Alte Haase.

Sprockhövel. Pfingstsamstag, punkt 12 Uhr auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Alte Haase. Wie an 310 alten Bergbaustandorten im Ruhrgebiet wird ein 3,70Meter großer gelber, mit Helium gefüllter Ballon in die Höhe gelassen. An der Kurbel dreht Horst Schlottmann, gelernter Dreher.

"Was sonst", witzelt Edgar Tönges, wie Schlottmann und weitere fünf Freiwillige des Heimat- und Geschichtsvereins und Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten mit den offiziellen türkisfarbenen Polohemden und Käppies der Ruhr-2010-Aktion Schachtzeichen ausgestattet. Gut 200 Besucher sind gekommen.

Sprockhövel hat eine lange Bergbauvergangenenheit, nennt sich die Wiege des Ruhrgebiets, weil schon vor 600 Jahren Kohle, die in Herzkamp zu Tage trat, abgebaut wurde.

Mittlerweile schwebt der Ballon in rund 80 Meter Höhe. Er kann von vielen Stellen aus Nieder- und Obersprockhövel und von wenigen Höhenlagen Haßlinghausens gesehen werden.

"Ich habe nachgeschaut, insgesamt hat es in Sprockhövel über die Jahrhunderte 273 Zechen gegeben. Wir hätten also theoretisch die 300 Ballons auch alleine aussenden können”, hatte Bürgermeister Klaus Walterscheid am Morgen bei der Feier zum zehnten Geburtstag des Industrieparks am Malakowturm berichtet.

Wie groß der Aufwand ist, allein diesen einen Ballon in die Höhe zu schicken und tagsüber zu bewachen, zeigt der lange Dienstplan, den die Sprockhöveler Ehrenamtlichen aufgestellt haben. Nicht weniger als 35 Namen stehen darauf, denn neben dem Ballonpersonal soll es bis 29. Mai tagsüber ständig Ansprechparter für Besucher auf dem Gelände geben, wo heute die Firma Sedus Stoll ihr Lager hat.

Den Ehrenamtlichen hat sie großzügig Gelände und Besprechungsraum zur Verfügung gestellt. So kann man auf einem großen Luftbild von Alte Haase aus den 50er/60er Jahren einen Überblick über die Ausmaße von dem gewinnen, was einst Sprockhövels größte Zeche war. Es gibt weitere Schautafeln zum Bergbau und sicher viele Anekdoten der Ehrenamtlichen.

Horst Schlottmann war 14 Jahre lang als Hauer auf Alte Haase beschäftigt, hat in 350 Metern Tiefe gearbeitet, bis Sprockhövels letzte Zeche 1969 schloss. Sein damaliger Steiger (Vorarbeiter) Klaus Leyhe hat ihn kürzlich zufällig getroffen und gefragt, ob er bei Schachtzeichen mitmachen wolle. Schlottmann sagte prompt ja. "Irgendwann wäre ich sowieso in dem Verein gelandet."

Wie wichtig ein solcher Kreis für die Bewahrung der Kultur ist, hat vorher Landrat Arnim Brux, ganz nebenbei Aufsichtsratsmitglied der Ruhr 2010, deutlich gemacht. "In Schwelm kann der Ballon erst am kommenden Freitag und nur für einen Tag aufsteigen, weil es dort niemanden gibt, der ihn bedient.”

Geschichten aus erster Hand kann man am Dienstag ab 15.30 Uhr im Erzählcafé unter dem Schachtzeichen hören, wenn ehemalige Zechen-Beschäftigte berichten.

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