Pediküre für Haßlinghausens Pferde

30 Jahre ist Reiner Fries schon in seinem Beruf und beschlägt die Pferde von Sprockhövels Stallungen. Viele kennt er beim Namen.

Pediküre für Haßlinghausens Pferde
Foto: Anna Schwartz

Haßlinghausen. Reiner Fries ist Hufschmied. Seit dem 6. Januar 1986. In blau-kariertem Holzfällerhemd und brauner Lederschürze bearbeitet der 55-Jährige an diesem Morgen die Hufe eines Pferds, dessen Kopf ihn deutlich überragt. Alle sechs bis acht Wochen kommt er zu genau diesem Stall in Haßlinghausen. In diesen Intervallen müssen die Hufeisen erneuert werden.

„Die Hufe sind quasi die Fingernägel der Pferde. Sie wachsen ständig“, erklärt der Haßlinghauser. Irgendwann würden die Eisen dann nicht mehr gut sitzen. Mit geübten Handgriffen entfernt Fries das alte Hufeisen. Er klemmt sich den Huf des Pferdes zwischen seine Beine, nimmt eine Zange zur Hand und entfernt so binnen einer Minute das alte Eisen. Dann wird der Huf an sich bearbeitet: „Oft wächst er nicht gerade oder bekommt faule Stellen.“ Wenn man dies nicht korrigiere, komme es im schlimmsten Fall zu einer Lahmheit des Tiers. Des Weiteren könnten durch den Beschlag beispielsweise Sehnenerkrankungen gelindert werden. Das komme aber ganz auf das Pferd an, pauschalisieren lasse sich diese Aussage nicht, so Fries.

Nicht jedes Pferd lässt die Hufpflege bereitwillig über sich ergehen. „Mit der Zeit entwickelt man ein Gespür dafür, wenn ein Pferd wenig kooperativ ist und man mal eine Pause machen muss“, erklärt der Hufschmied. Häufig sei es — wie bei so vielem im Leben — eine Frage der Erziehung. Bei manchen Pferden bringt aber auch diese nichts: „Sie bekommen eine Beruhigungsspritze“, sagt Fries.

„Im Grundsatz hat sich das Handwerk in den letzten 200 Jahren kaum verändert“, erklärt der Hufschmied. Die Arbeitsweisen und Werkzeuge sind gleich. Nur einige moderne Materialien haben Einzug gehalten. Heute werden die Hufeisen zum Teil aus Aluminium oder Kunststoff hergestellt. Außerdem gäbe es mittlerweile spezielle Eisen für Spring- und Sportpferde. Sie sind ähnlich wie bei Sportlern speziell angepasst und sorgen für einen besseren Halt auf dem Rasen.

Eine staatliche Ausbildung gibt es in diesem Berufszweig nicht mehr. „Nach dem Zweiten Weltkrieg bescheinigte man dem Pferd keine Zukunft“, erzählt Reiner Fries. Vorher diente es als Transportmittel, heute sind Pferde eher eine Freizeitbeschäftigung. Viele damalige Hufschmiede hätten sich umorientiert und seien beispielsweise Schlosser geworden. Dies ist einer der Gründe, weshalb der Ausbildungsweg heute recht kompliziert ist: „Man besucht eine sechs Monate dauernde Hufschmiedeschule“, erklärt der 55-Jährige. Davor muss man aber ein zweijähriges Praktikum bei einem Hufschmied absolviert haben und eine abgeschlossene Berufsausbildung als Schmied, Schlosser, Schreiner oder auch als Friseur oder Bäcker vorweisen.

Fries selber hat auch einen solchen Weg eingeschlagen, schon in Kindheitstagen hat er sich für den Beruf interessiert. Er lebte zeitweise auf der Jugendfarm in Wuppertal. Über Umwege kam er schließlich zu seiner jetzigen Tätigkeit. „Ich hatte wenigstens das Glück und habe bei einem alten Schmied gelernt, der früher auch Pferde beschlagen hatte“, berichtet Fries. Heute leitet er einen eigenen Betrieb. Zu seinen vier Mitarbeitern zählt auch ein Auszubildender. „Wir fahren von Hof zu Hof“, sagt er — meist im Umkreis von 20 Fahrminuten in und um Haßlinghausen herum.

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