Niedersprockhövel: Urne statt Erde – die Formen der Bestattung ändern sich

Auf dem Friedhof der evangelischen Kirche wurde eine Urnenwand errichtet.

Niedersprockhövel. Wie ein Fächer breitet sich der Weg zur Urnenwand aus. Die dunkelroten Marmorplatten glänzen im Sonnenlicht, am Fuß der Wand liegen eine paar Kränze, sie zeugen von der letzten Beisetzung. "Wir würden gerne noch eine Bank hier aufstellen, damit Angehörige Zeit zum Trauern haben", sagt Friedhofskirchmeisterin Wilma Brüggestrat. Im April wurde das sogenannte Kolumbarium auf dem evangelischen Friedhof in Niedersprockhövel eingeweiht.

Es trägt dem Wunsch vieler Verstorbener und deren Angehörigen Rechnung, nach dem Tod verbrannt zu werden. Zwei Gründe spielen bei diesem Wunsch eine Rolle. "Zum einen möchten viele Menschen es ihren Angehörigen nicht zumuten, sich jahrelang um die Pflege des Grabes zu kümmern, und zum anderen spielen auch die Kosten eine Rolle", erklärt Rosemarie Samtmann, Pfarrerin der Evangelischen Gemeinde.

Früher sei eine Erdbestattung obligatorisch gewesen, das Verbrennen der Leichname im christlichen Glauben gar verpönt, doch davon könne heute keine Rede mehr sein. "Die klassische Großfamilie vor Ort, in der sich immer irgendeiner fand, um die Grabstätte zu pflegen, gibt es heute kaum noch", so Samtmann. Und wenn die Kinder der Verstorbenen nicht in der Nähe wohnen, müsse ein Grabpfleger engagiert werden, der natürlich Kosten verursache. Das wollen und können sich heute nicht viele leisten.

Eine Alternative bieten da die Rasengräber, die sich ebenfalls erst in den letzten Jahren durchgesetzt haben. Immer mehr Menschen fragen zudem nach einer Urnenbestattung. Auf dem evangelischen Friedhof ist sie in einer Urnenwand, als Rasengrab und als selbst zu pflegendes Wahlgrab möglich.

"Eine Kammer der Urnenwand bleibt für 30 Jahre reserviert, zwei Urnen passen in eine Kammer", sagt Rosemarie Samtmann. Die Wand auf dem evangelischen Friedhof ist bewusst schlicht gehalten, auf den Platten sind nur die Namen der Verstorbenen eingraviert. "Mehr ist aus Platzgründen leider nicht möglich".

Schon früher hat die Stadt auf die modernen Bestattungsformen reagiert. Auf dem kommunalen Friedhof wurde bereits 2007 ein Kolumbarium errichtet, mittlerweile gibt es dort vier Wände, die vierte ist allerdings noch leer. Anders als beim Kolumbarium auf dem evangelischen Friedhof besteht hier die Möglichkeit, Kerzen oder Blumen direkt vor den Kammern abzulegen.

Der Ablauf bei einer Urnenbeisetzung ist dem einer Erdbestattung ähnlich. "Die Angehörigen können wählen, ob es eine Trauerfeier mit Urne gibt, so dass die Urne im Anschluss direkt beigesetzt wird oder ob der Trauergottesdienst mit dem aufgebahrten Leichnam stattfindet, getrennt von der Urnenbeisetzung", erklärt Samtmann.

Ob die Urnengräber in Zukunft die Erdgräber ersetzen, kann Samtmann nicht vorhersagen, "aber es werden auf jeden Fall mehr werden, die Tendenz ist eindeutig da."

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