FKK am Autobahnkreuz Nord

Am Eichenhofer Weg hat sich der Familiensportverein seinen Freiraum geschaffen und erhält ihn seit 85 Jahren.

Sprockhövel/Wuppertal. Wucherndes Grün schirmt Wohnwagen und Blockhütten ab, die noch dazu im Schatten großer Bäume stehen. Viele Bewohner haben ihr kleines Reich mit üppigen Blumenbeeten verschönert. Das Zwitschern der Vögel konkurriert nur mit einem stetigen Grundrauschen der Autobahnen, die hier im Kreuz Wuppertal Nord das neun Hektar große Gelände des Lichtbunds Wuppertal regelrecht umzingeln.

"Das hören wir gar nicht mehr", versichert Petra Schmidt, die sich mit Lebensgefährte Bernd Uhlmann hier im März einen Stellplatz für ihr Wohnmobil hergerichtet hat und einen großen Teil ihrer Freizeit hier verbringt.

"Jedes Wochenende ist wie ein kurzer Urlaub", versichern beide. Auch nach der Arbeit zieht es sie manchmal hierher - zum Schwimmen, Tennis- oder Boulespielen oder einfach nur zum Ausspannen.

Sie gehören zu den neuesten Mitgliedern des Lichtbunds, der sich als Familiensportverein versteht und gleichzeitig die Freikörperkultur als festes ein Element des Clublebens verankert hat.

85.Geburtstag feiert der Verein in diesem Jahr, und auch wenn der Autobahnbau vor Jahrzehnten eine Zäsur im Klubleben bedeutete, sich auf Sprockhöveler Seite ein Industriegebiet immer näher an den Grüngürtel schiebt, würde es niemandem in den Sinn kommen, Abschied von diesem Gelände zu nehmen.

"Oft ist schon die vierte Generation im Club,", sagt der Vorsitzende Bernd Ibach. Aus Wuppertal dem Ennepe-Ruhr-Kreis und sogar dem Rheinland kommen die 320 Mitglieder. Mancher Senior verbringt hier fast das ganze Sommerhalbjahr, Familien nutzen das Gelände für einen günstigen Jahresurlaub. Es werden Tanzkurse veranstaltet, Volleyball-Freizeitturniere gespielt.

"Wir mögen die Geselligkeit, aber man kann sich genauso in sein eigenes Reich zurückziehen, wenn man möchte", sagt Petra Schmidt. Ungezwungenheit ist Programm. Tagsüber laufen viele nackt herum, wenn die Temperaturen es zulassen.

An diesem Abend, an dem mehr als 100 Mitglieder zum Sommerfest mit Einweihung der neuen Kantine am Clubheim zusammenkommen, unterscheidet sich die Kleidung nicht von der auf einem Campingplatz. Säße nicht ein Vereinsmitglied im Adamskostüm am Tisch, würde kein Beobachter an einen FKK-Club denken.

Groß ist der Gemeinschaftssinn. Die neue Kantine ist nur durch die Spende eines verstorbenen Clubmitglieds möglich geworden. Den Bau haben seine Söhne mit weitere Helfer in die Hand genommen.

"Die Namen müssen nicht in der Zeitung stehen", sagen die Wohltäter und wollen sich nach außen ihre Privatheit bewahren. Nicht alle hängen in ihrmn beruflichen Umfeld an die große Glocke, dass sie hier ihre Freizeit verbringen.

Vom Bankdirektor über den Ingenieur bis zum Elektriker sind alle Berufsgruppen vertreten, was aber spätestens wenn man das Eisentor am Eichenhofer Weg passiert hat, keine Rolle mehr spielt.

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