Die Stunde der frühen Jäger

41. Trödelmarkt: Haßlinghausen wieder einen Ausflug wert.

Haßlinghausen. Sonntagmorgen, 7.30 Uhr auf der Mittelstraße, sieben Grad Celsius, die von der gerade über die Hügel schauenden Sonne nur wenig gemildert werden. Eine Stunde für nur wenige eingefleischte Schnäppchenjäger? Weit gefehlt: Es ist der 41. Haßlinghauser Trödelmarkt - da gehen die Uhren anders.

Schon erstaunlich viele Trödelfans sind unterwegs. Während die meisten Trödler trotz dicker Jacke noch an ihrem Stand bibbern und die mitgebrachte Thermoskanne schon geleert haben, zieht ein ganz hart Gesottener in T-Shirt und halblanger Hose vorbei, ein Bündel Plastikfarn in der Hand. "Wenn hier Trödelmarkt ist, muss ich immer mit meiner Frau auf die Meile, aber ich bin ja in Bewegung", meint er ungerührt, während seine bessere Hälfte gerade um einen Puderzuckerstreuer feilscht.

Ein Pelzmantel wäre jetzt gar keine schlechte Wahl, doch wo vereinzelt welche im Angebot waren, sind sie schon weg. "Gleich um 5 Uhr kamen fliegende Händler und haben mir zwei abgekauft", erzählt André Schmidt aus Wuppertal. Von der verstorbenen Oma waren die. Zehn Euro hat er pro Stück bekommen. "Meine Oma hat dafür vielleicht mal 2000 Mark bezahlt, aber die hingen ja doch schon Jahre nutzlos im Keller", sagt er. Einen dritten hatte er nicht schnell genug aus den Tiefen seines Autos ziehen können, der hängt jetzt noch auf dem Ständer.

Langjährige Trödler wissen: "Nach Schmuck, Pelzen, Handies oder Lego wird ganz früh gezielt gefragt, erst später kommt das breitere Publikum, das dann tatsächlich für den Eigenbedarf kauft? Oder doch nicht immer?

"Bücher lassen sich toll verkaufen, ich hatte Fantasyromane, da hat einer gleich wahllos 25 Stück gegriffen. Er sagte, er hat Urlaub und viel Zeit zum Lesen", meint Julia Dreier, die zum ersten Mal dabei ist. Mit dem Erlös von 40 Euro ist sie sehr zufrieden. "Ich würde mich nicht wundern, wenn die hier an irgend einem Stand wieder auftauchen", klärt sie ihr Bruder Roman Kühlkamp am Nachbarstand auf, der ähnliches schon einmal mit Spielzeugautos erlebt hat.

Apropos Spielzeugautos: Auch viele Kinder haben bereits ihre Decken auf dem Bürgersteig ausgebreitet und verkaufen, was sie im Kinderzimmer ausrangiert haben. Stolz zeigt der elfjährige Marvin ein Döschen mit seinen Einnahmen. Zwei Euro davon hat er schon wieder in Comics investiert, die er bereits studiert. Mutter Anne, die im Harry-Potter Mantel vor allem ausrangierte Kinderkleidung und Haushaltsutensilien feilbietet, denkt schon wieder daran, wie sie die Restbestände gleich schnell wieder in ihren Polo zaubern kann. "Wir müssen pünktlich um 13 hr zu Hause sein, dann beginnt der Heimatfestumzug", erläutert die Schwelmerin. Dass diese Termine kollidieren, ärgert sie, aber so ist das seit Jahren - und das Publikum findet sich ganz offensichtlich immer für beides.

Erst recht, wenn das Wetter so gut ist wie am Sonntag. "Wir sind gut bestückt, es gibt kaum Lücken", freut sich Gerd Hesse, im normalen Leben Filialleiter der Sparkasse, heute als 2. Vorsitzender des Werberings mit gelber Weste und Walky-Talky unterwegs, um zu kontrollieren, ob die Sperrflächen auf der Straße frei gehalten wurden und später die Standgebühren zu kassieren. Ein freundliches Lächeln gehört immer dazu, auch wenn in Sachen Verkehrssicherheit keine Kompromisse gemacht werden. Besonders, wenn es wie jetzt immer voller wird.

Für Burkhard Unger aus Wuppertal, der gezielt nach Rock-Schallplatten aus den 60ern sucht, scheint der Zug dagegen um 9 Uhr schon abgefahren. Limahl oder Udo Jürgens, die noch zu finden sind, reizen ihn nicht. "Ich hab’ gestern lange Boxen geguckt und bin wohl zu spät aufgestanden", sagt er lächelnd. Die gute Atmosphäre entschädigt.

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