Die Stadt und ihre Schuldner

Geld: Von Hundesteuer bis zu Gebühren für die Musikschule: Bürger stehen mit 3,05 Millionen Euro bei der Verwaltung in der Kreide.

Sprockhövel. Es gibt Leute, die zahlen nicht, weil sie nicht können. Andere, weil sie einfach nicht wollen. Unterm Strich ist das Ergebnis für die Stadt Sprockhövel das gleiche: Ob nicht beglichene Knöllchen fürs Falschparken, ausstehende Grund-, Hunde- und vor allem Gewerbesteuer oder nicht bezahlte Gebühren für die Musikschule — etwa 3,05 Millionen Euro sind die Sprockhöveler ihrer Stadt schuldig. „Insgesamt verteilt sich das auf rund 5300 Fälle“, sagt Gudrun Wolff von der Stadtkasse. 440 davon befänden sich in der Insolvenz. Sprich, ob die Stadt jemals Geld sieht, ist fraglich. Das gilt übrigens auch im Falle des größten Einzelschuldners, der bei der Stadt mit 191 000 Euro in der Kreide steht.

Viele der säumigen Zahler sind alte Bekannte bei der Stadt. Wolff, die schon ihre Ausbildung in der Verwaltung machte, arbeitet seit 1997 wieder bei der Stadtkasse und sagt: „Mit einigen Dauerschuldnern habe ich jetzt seit 14 Jahren zu tun.“ Zwar würden zwischendurch Raten beglichen, dann kämen aber wieder neue Schulden hinzu. Es gebe, so Wolff, aber auch die, die gar nicht einsehen, zahlen zu müssen, etwa bei der Hundesteuer. „Dann heißt es, wieso müssen Pferde- oder Katzenbesitzer nicht zahlen.“

Wenn Rechnungen nicht bezahlt werden, mahnt die Stadt. Wenn immer noch kein Geld fließt, folgt die Vollstreckung, später droht sogar die Pfändung. „Das sind automatische Abläufe, die in allen Städten gleich sind“, sagt Wolff und widerspricht Vorwürfen, Sprockhövel handele willkürlich. Der Kontakt mit den Schuldnern sei nicht immer einfach. „Manche drücken auf die Tränendrüse, andere schreien und werden aggressiv“, sagt Wolff. Bisher sei es aber bei Verbalattacken geblieben. „Das ist in Großstädten anders“, weiß die Mitarbeiterin aus Gesprächen mit Kollegen in anderen Kommunen.

Zwei Außendienstler suchen — wenn Schreiben und Anrufe nicht mehr helfen — die Schuldner in Sprockhövel auf. Die Stadt prüfe immer den Einzelfall, betont Wolff. „Das Problem ist, dass viele erst zu uns kommen, wenn es absolut zu spät ist.“ Lösungen wie etwa eine Stundung oder Ratenzahlungen seien durchaus möglich. Wenn aus nachvollziehbaren Gründen bei jemandem nichts zu holen sei, werde auch ein Unpfändbarkeitsprotokoll, das zunächst für ein Jahr gilt, ausgestellt. „Aber dazu muss man ja auch mit uns reden.“ Viele Schuldner reagierten allerdings gar nicht auf Schreiben oder Anrufe. „Dann heißt es später, wir haben nie eine Rechnung bekommen“, nennt Wolff eine der gängigen Entschuldigungen.

Wenn die Vollstreckungsbeamten erst mal vor der Tür stehen, wird es ernst. Schließlich drohen dann etwa Lohn- oder Sachpfändung. Letzteres sei aber eher selten, so Wolff. Mit ein Grund dafür sei auch, dass Sprockhövel eine Kleinstadt ist. „Da wird viel geredet.“ Prangt das Pfandsiegel, im Volksmund besser als Kuckuck bekannt, an Wertgegenständen oder gar am Auto, spricht sich das schnell herum. Oft reiche deshalb die Androhung. „Das ist in Großstädten, wo vieles anonymer ist, sicherlich auch anders“, so Wolff.

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