Anwohner kämpfen um Erhalt einer Kastanie

Der 100 Jahre alte Baum am Gedulderweg wird jährlich überprüft. Dafür wird Geld benötigt.

Anwohner kämpfen um Erhalt einer Kastanie
Foto: Anna Schwartz

Sprockhövel. „Mein Freund, der Baum ist tot“, dieses von der Schlagersängerin Alexandra 1968 mit tiefer Stimme beklagte Schicksal soll der rund 100 Jahre alten Kastanie am Gedulderweg in Niedersprockhövel auf jeden Fall erspart bleiben. Einige engagierte Anwohner kämpfen um den Erhalt des mächtigen etwas 16 bis 18 Meter hohen Baumes, den ein besorgter Mitbürger vor rund zehn Jahren bei Sturm oder Unwetter als „Gefahrenbaum“ ausgemacht hatte, der gefällt werden müsse.

Das gefiel den Nachbarn am Gedulderweg ganz und gar nicht. Trug die Kastanie doch in jedem Jahr reichlich ihre kleinen, harten braunen Früchte, die sich bestens für Bastelarbeiten aller Art eigenen. „Da hängen viele, viele Kindheitserinnerungen dran“, so Mia Herbst, die sich ebenso wie Barbara und Werner Hinze oder das Ehepaar Helga und Ehrenfried Kestel für das Wahrzeichen des Gedulderwegs einsetzt. „Wir haben auch früher die Kastanien gesammelt und in den Wildpark nach Witten gebracht“, erzählen die Anwohner.

Die beauftragen in jedem Jahr einen Gutachter, der den Baum akribisch untersucht, erklärt, welche Äste eventuell heraus geschnitten oder gekappt werden müssen, welche Stützmaßnahmen vorgenommen werden sollen.

Das kostet natürlich Geld, und da haben sich die Menschen am Gedulderweg etwas Besonderes ausgedacht: In jedem Jahr, diesmal zum elften Mal, veranstalten sie einmal im Spätsommer ein „Reibekuchenfest“ direkt unter dem schützenden Laubdach ihres Lieblingsbaumes und laden Anwohner und Gäste zu rustikalem Genuss inklusive Rübenkraut und Apfelmus nebst Getränken ein. „Solche leckeren Reibekuchen kriegen Sie sonst nirgends“ versichert Barbara Hinze, die den Teig zubereitet hat und die hungrigen Baumfreunde um eine Spende zugunsten des nachbarschaftlichen Baum-Projekts bittet.

Die lassen sich ihrerseits nicht lange bitten, schmausen, sind einem deftigen Nachschlag nicht abgeneigt und öffnen Herz und Geldbörse für die alte Kastanie, die ihre mächtigen Äste und das noch reichlich vorhandenen Blattwerk im Winde wiegt.

„Sie ist nach wie vor noch absolut gesund und wächst sogar weiter“, stellt Mia Herbst klar und schaut liebevoll nach oben. Das dürfte wohl auch an der Kraftnahrung in Gestalt von speziellem, streng geheimen Bio-Dünger liegen, den Brigitte Kluge, Fachärztin für Natureilkunde, im stillen Kämmerlein „zusammenbraut“.

So können sich die Gäste auch bei Reibekuchen und Rübenkraut alljährlich, diesmal am Freitagnachmittag bei prächtigem Wetter, davon überzeugen, dass das lebende Denkmal am Gedulderweg zwar Alters- aber keine Verfallserscheinungen zeigt und ihren alten und jungen Fans noch etliche Jahre Freude bereiten könnte. Einmal mehr fand das Reibekuchenfest auch bei angereisten Naturfreunden großen Anklang, wobei Barbara Hinze stolz vermerkt: „Selbst der letzte Löffel Reibekuchenteig ist noch auf dem Backblech gelandet und gegessen worden. Wir sind erst um 22 Uhr nach Hause gegangen.“

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