„Der Papst ist schlecht beraten“

Die Debatte um den Umgang des Vatikans mit der Piusbruderschaft wird in vielen Gemeinden nur inoffiziell geführt. Austritte gibt es in Sprockhövel deshalb nicht.

Haßlinghausen/Herbede. Das Brodeln in der katholischen Kirche nach der Rücknahme der Exkommunikation von Holocaust-Leugner Williamson und dreier weiterer ehemaliger Bischöfe der ultrakonservativen Piusbruderschaft, wird in den Gemeinden unterschiedlich wahrgenommen. Während es seit Tagen deutschlandweit die Schlagzeilen bestimmt, ist es in der Gemeinde St.Josef bisher kaum ein Thema gewesen, sagen Pastor Mihai Imbria und der Gemeinderatsvorsitzende Manfred Berretz.

"Im Gottesdienst habe ich das bewusst nicht angesprochen, es ist aber auch nicht an mich herangetragen worden", sagt Imbria und ergänzt: "Ich denke Ruhrbischof Genn hat sich dazu klar geäußert." Der hatte vorige Woche zwar die Einheit der Kirche als "nicht gefährdet" gesehen, allerdings gefordert, Rom müsse den Umgang mit Williamson überprüfen, falls der bei seinen "abscheulichen Äußerungen" bleibe.

Von Kirchenaustritten, die vielerorts aufgrund des Vorgehens des Vatikans befürchtet werden, ist in der Großpfarrei St. Peter und Paul, zu der die beiden Sprockhöveler Gemeinden St. Josef und St. Januarius gehören, bisher nichts zu spüren. "Die Zahlen sind für beide Konfessionen Ende des Jahres gestiegen. Aber das war immer rein wirtschaftlich begründet", sagt Barbara Monstadt, Chefin des Amtsgerichts in Hattingen.

Dort müssen die Kirchenaustritte für Sprockhövel und Hattingen gemeldet werden (siehe Kasten). Mit der Haltung des Papstes gegenüber der Piusbruderschaft habe zumindest bisher noch niemand einen Kirchenaustritt begründet.

Während der Rumäne Imbria darauf verweist, dass die Debatte außerhalb von Deutschland kaum eine Thema sei, findet sein Vorgesetzter, Pfarrer Jochen Winter, es richtig, dass sie derzeit öffentlich so breiten Raum einnimmt. "Wir Deutsche sind halt gebrannte Kinder, wenn es um den Holocaust geht", sagt das Oberhaupt der Großpfarrei St.Peter und Paul.

Auch er sei im Gottesdienst nicht darauf eingegangen, äußert aber in Bibelkreises oder auf Sitzungen ganz klar seine Meinung, wenn er auf den Umgang mit der Piusbruderschaft angesprochen, wird.

"Ich verstehe nicht, wie ein Bischof wieder in die Kirche aufgenommen werden kann, wenn vorher nicht recherchiert worden ist, was er gemacht hat und sagt", so Winter. Der bekennende VfL-Bochum-Fan zieht eine Parallele zum Fußball. "Wenn ich als Verein einen Spieler holen will, dann erkundige ich mich doch auch vorher, wie der ist."

Dem Papst allein will er diesen Fehler allerdings nicht ankreiden. "Es ist wie bei einem Fußballpräsidenten - er muss sich auf seinen Beraterstab verlassen können." Da sei der Papst offensichtlich im Stich gelassen worden.

Winter hätte sich allerdings gewünscht, dass Benedikt XVI an dem Tage, als die Vorwürfe gegen Williamson öffentlich wurden, dessen Aufnahme in die Kirche auf Eis gelegt hätte. "Dem Papst fehlt so ein bisschen politisches Gespür", findet er. "Er muss jetzt eine klare Haltung zeigen, Lavieren ist noch nie gut angekommen", bezieht Winter Stellung.

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