Leichtathletik: Vom Sägewerk nach Olympia

Jens Reifschneider hat sein Leben genau verplant. Auch der Mehrkampf spielt dabei eine Rolle.

Korschenbroich. Wie sein Leben später einmal verlaufen soll, weiß der angehende Zehnkämpfer Jens Reifscheider aus Korschenbroich schon ganz genau. Nach dem Abitur und einer Zimmermanns-Lehre sowie einem kaufmännischen Studium möchte er das Sägewerk seines Onkels in Nordhessen übernehmen - mit einer Unterbrechung im Jahr 2016. Da will der 15-Jährige bei den Olympischen Spielen als Zehnkämpfer starten.

Wer sich mit dem über 1,90 Meter großen Schüler unterhält, kann sich gar nicht vorstellen, dass er bei seiner Bedächtigkeit richtig explodieren kann, wenn es auf die Laufbahn geht oder er die Kugel zur Hand nimmt. Dann staunen nicht nur die Experten über die Fortschritte des Schützlings vom Korschenbroicher Leichtathletik-Motor Hans-Peter Walther.

Im vergangenen Juni wurde Reifschneider in Wesel völlig überraschend Nordrhein-Schülermeister im Achtkampf. Deswegen überraschend, weil es genug Jungen bei den 14-Jährigen gab, die bessere Vorleistungen hatten. Aber der Korschenbroicher wuchs von Wettbewerb zu Wettbewerb an den beiden Tagen in Wesel über sich hinaus. Am Ende standen 4229 Punkte zu Buche, wobei er in allen acht Disziplinen persönliche Bestleistungen aufgestellt hatte.

Diese tolle Leistung konnte er dann zehn Wochen später bei den Deutschen Schülermeisterschaften in Rhede leider nicht wiederholen. Da ging ihm das Diskuswerfen (zehn Meter weniger) am zweiten Tag daneben, und statt der möglichen Medaille blieb ihm nur Rang 13 - gerade einmal elf Pünktchen vor dem Dormagener Alexander Everts.

"Das ärgert mich noch heute, und in diesem Jahr werde ich wesentlich konzentrierter bei den Deutschen Meisterschaften angreifen", kündigt Jens Reifschneider an. Bis dahin wird er noch jede Woche sechsmal trainieren, wobei er die Strecke zum Korschenbroicher Stadion mit dem Rad zurücklegt.

Natürlich will er im Juni (wieder in Wesel) seinen Nordrhein-Meistertitel verteidigen, und er freut sich auch schon auf das Aufeinandertreffen mit den Dormagenern Alexander Everts und Marius Reinartz, die in diesem Winter ebenfalls große Fortschritte gemacht haben.

Jens Reifschneider gab erst vor kurzem bei den Nordrhein-Schüler-Meisterschaften in der Halle eine Kostprobe seines gestiegenen Könnens ab, als er die Kugel zwei Meter weiter als noch im Vorjahr stieß und sich auf die Weite von 14,33 Meter verbesserte - was ihm Silber einbrachte.

Bevor er mit der Leichtathletik vor über vier Jahren begann, hatte Reifschneider noch Fußball gespielt. "Aber irgendwie hat mir das nicht gefallen", begründet er seinen Wechsel zu den Leichtathleten, wobei er das Glück hatte, dass Hans-Peter Walther sofort das Talent seiner Vielseitigkeit erkannte.

Seine 17 Jahre alte Schwester Annika nimmt an seinen Wettkämpfen ebenso Anteil wie seine Mutter. "Und mein Vater ist bei jedem Sportfest als Zuschauer mit dabei", freut sich das Talent über die große Anerkennung von Seiten seiner Familie.

Und warum will er später ausgerechnet Sägewerk-Besitzer werden und Holz verkaufen? "Ich finde es dort schön, wo mein Onkel in Nordhessen sein Werk betreibt. Da ist noch richtige Natur, und mein Onkel freut sich schon, dass er in mir einen Nachfolger gefunden hat."

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