Zwischen Blutabnahme und Patientenaufnahme

David Rieks (28) hat seinen Platz in der Berufswelt gefunden – in einem typischen Frauenjob.

Neuss. Gewöhnlich laufen Besuche in Arztpraxen immer nach dem gleichen Schema ab: Nach einer mehr oder weniger langen Wartezeit erfolgt die Untersuchung durch den Arzt. Vor allem steht jedoch zunächst der Empfang durch eine freundliche Arzthelferin an der Anmeldung.

Bei Besuchen in der Praxis von Berthold Brodin, Facharzt für Gastroenterologie, ist das manchmal etwas anders: Hier kann es durchaus vorkommen, dass die Patienten am Empfangstresen auf David Rieks - einen Mann - treffen.

Der 28-Jährige, der seit April2009 eine Ausbildung zum medizinischen Fachangestellten (früher Arzthelfer) macht, ist eine Seltenheit in dem traditionellen Frauenberuf.

Kein Problem für Rieks: "Mir macht die Arbeit riesigen Spaß, und mit den Kolleginnen komme ich super aus." Und was sagt die Freundin zu dem vermeintlichen Frauen-Job? "Die foppt mich manchmal, aber sie findet meinen Beruf sehr gut", berichtet Rieks.

Während seines Praktikums im Etienne-Krankenhaus sprach ihn Dr.Brodin an. "Er erzählte mir, dass er sich selbstständig machen und mich als Arzthelfer einstellen wollte.

Wir kamen super miteinander aus, und mich hat die Endoskopie sehr interessiert", erklärt der Neusser, der daraufhin eine Ausbildung zum Krankenpflegerhelfer machte: "Das war die einzige Bedingung, damit ich die Stelle bekomme." Die Aufgaben, die er nun als Arzthelfer habe, seien genau das Richtige für ihn, sagt der 28-Jährige. "Ich mag den Umgang mit Menschen und noch mehr, wenn ich Menschen helfen kann."

Bei Prüfungen innerhalb der Ausbildung ist er der einzige Mann unter zahlreichen Frauen. "Bei der ersten Prüfung war das eine komische Situation, aber ich habe damit kein Problem."

Ebenso wenig wie die Patienten, die David Rieks betreut: "Klar wird anfangs mal komisch geschaut oder auch nachgefragt, wenn neben dem Arzt noch ein weiterer Mann im Behandlungszimmer ist oder die Anmeldungen entgegennimmt. Das war es dann aber auch."

Auch unter den Tätigkeiten, die für einen Arzthelfer in der Praxis anfallen, gebe es keine speziellen Frauenarbeiten. Ob Blutabnahme, Vorbereitung der Untersuchungsgeräte oder Patientenaufnahme: "Das können Männer und Frauen gleich gut." Allerdings räumt Rieks ein, "dass Frauen oft etwas feinfühliger sind."

Und woher kommt es dann, dass in diesem Beruf Männer fast so selten auftauchen, wie Eisbären am Südpol? Selbst nach kurzem Nachdenken findet der Arzthelfer darauf zunächst keine richtige Antwort. "Ich kann da nur Vermutungen anstellen", sagt er.

Es könne daran liegen, dass die meisten Ärzte eher Helferinnen wollen, weil es Tradition sei. "Andererseits sind sich Männer für die Arbeit entweder zu schade oder trauen sich nicht ran, weil es ein klischeebehafteter Frauenberuf ist", vermutet Rieks.

Auf ihn trifft davon nichts zu. Im Gegenteil: David Rieks möchte sich in seinem "absoluten Wunschberuf" sogar zum Endoskopie-Fachpfleger weiterbilden.

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