Karl-Heinz Renner tritt im Wahlkreis Krefeld I - Neuss II als Bundestagskandidat für die Grünen an

WZ: Die Energiewende ist ein schwer zu bewältigendes Mammutprojekt. Welche Lösung sehen Sie für die Konverterfrage, wo liegt die Zukunft des Tagebaus?

Karl-Heinz Renner: Die grüne Energiewende ist eine große Chance, die wir durch Energie vor Ort, Energieeffizienz durch Null- und Plusenergiehäuser, Energiemanagement durch Senkung der Verbrauchsspitzen und durch Entwicklung von Speichertechnologien gestalten wollen. Leider wurden bisher 21 Gaskraftwerke stillgelegt, während neun Atomkraftwerke immer noch am Netz sind. Damit wird die ungelöste Atommüllfrage weiter verschärft und die Chance von Gaskraftwerken, die sich einfacher dem Bedarf anpassen lassen, verspielt. Bei einer Energiewende in Bürgerhand mit 100 Prozent nachhaltiger Energie ist der Braunkohletagebau ein Auslaufmodell. Das stillgelegte Braunkohlekraftwerk in Friemersheim wäre ein prüfbarer Standort für die Konverteranlage. Aber auch bei diesem Standort gilt: Transparenz bei der Planung, Einhaltung eines sinnvollen Abstands zur Wohnbebauung und frühzeitige Bürgerbeteiligung.


WZ: Nicht nur die IHK Mittlerer Niederrhein beklagt nach einer Umfrage unter Unternehmen mangelnde Investitionen in die Infrastruktur. Was muss und kann in der Logistikregion Rhein-Kreis Neuss geschehen?


Renner: Die Bundesrepublik hat in den letzten Jahren die Instandhaltungsinvestitionen sträflich vernachlässigt. Auf der anderen Seite wird der Verkehr immer stärker von Wasser und Schiene auf die Straße verlagert, was entsprechend zu größerem Verschleiß führt. Es gilt also, parallel den Krefelder Hafen mit dem Containerterminal zu stärken, die Kooperation mit Düsseldorf-Neuss auszubauen, mehr in die Schiene und den Lärmschutz zu investieren und anstelle von Straßenausbau jetzt den Schwerpunkt auf Instandhaltung von Autobahnen, Straßen und Brücken zu setzen.


WZ: Der Bund bestellt, die Städte zahlen. Wird das so bleiben?


Renner: Der Regel „Wer bestellt, muss auch zahlen“ muss stärker Geltung verschafft werden. Gerade im sozialen Bereich sind die Städte aufgrund der immer weiter wachsenden Kosten überfordert. Das rot-grüne Stärkungspaket für Kommunen in NRW ist beispielhaft, reicht allerdings allein nicht aus, um die finanzielle Krise der Kommunen aufzufangen. Hier ist der Bund gefordert.


WZ: Flächendeckender Mindestlohn — was ist Ihre Meinung?


Renner: Jeder staatliche Eingriff ist in unserer Marktwirtschaft eine „Krücke auf Zeit“, die in diesem Fall aber nötig ist, weil der Staat sonst über Lohnergänzungszahlungen gezwungen ist, den prekären Lohn einiger Unternehmer aufzustocken, damit Menschen im Ganztagsjob ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Das ist ein Skandal. In den meisten anderen europäischen Ländern ist die Notbremse gezogen worden, um Sozialdumping zu verhindern. Nach Untersuchen hat der Mindestlohn, der bei vergleichbaren Ländern höher liegt, zur besseren Binnennachfrage und zur Stabilisierung auf dem Arbeitsmarkt beigetragen. Entgegen gern verbreiteten Gerüchten kam es nicht zu Jobrückgang oder Arbeitslosigkeit in Zusammenhang mit dieser Maßnahme. Europa benötigt soziale Standards, und die Bundesrepublik sollte mit gutem Beispiel folgen.

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