Countdown zur Wahl: Parteien kämpfen um jede Stimme

Im Rhein-Kreis sind am Sonntag etwa 300 000 Personen wahlberechtigt.

Neuss. Nur noch wenige Tage. Wenn am Sonntag um 18 Uhr die Wahllokale schließen, wenn unmittelbar danach die erste Prognose veröffentlicht wird, beginnt auch im Wahlkreis 108 — Neuss I das große Auszählen. Es gibt sicherlich aufregendere Wahlkreise: Unter der Auflistung der Kreise, in denen ein Kopf-an-Kopf-Rennen von zwei Direktkandidaten erwartet wird, kann Neuss (mit Grevenbroich, Dormagen und Rommerskirchen) kaum auftauchen.

Spannend wird es dennoch: Verschieben sich die Gewichte? Kann die SPD den Abstand zur CDU verringern? Ist der Neusser Wahlkreis für die FDP weiterhin ein gutes Pflaster? Wie schlagen sich die Piraten, die noch bei der Landtagswahl auch in Neuss überraschend gut punkten konnten? Wie konnten die Grünen mit ihrem jungen Kandidaten überzeugen?

Vor vier Jahren waren die Ergebnisse eindeutig. 37,4 Prozent der Zweitstimmen holte die CDU, 24,8 Prozent die SPD. Die CDU verlor in Maßen, die SPD gewaltig. Die FDP erzielte im Wahlkreis stolze 17,5 Prozent, Grüne (8,2 %) und Linke (6,6 %) legten ebenfalls zu. Noch deutlicher der Abstand von CDU und SPD bei den Erststimmen: Hermann Gröhe, damals Staatsminister im Bundeskanzleramt, gewann 47,8 Prozent, Hubert Esser für die SPD lediglich 29,5 Prozent; ein radikaler Absturz. Ganz ähnlich waren die Ergebnisse in der Stadt Neuss.

Bei einem Abstand von mehr als 18 Prozentpunkten wäre alles andere als die Wiederwahl Hermann Gröhes eine Riesenüberraschung. Ein zweiter Kandidat aus dem Wahlkreis wird wohl ebenfalls wieder im nächsten Bundestag aktiv sein: Bijan Djir-Sarai ist über die FDP-Liste mit Platz 7 abgesichert.

Wirbt auch er jetzt wie zum Beispiel Guido Westerwelle in seinem Bonner Wahlkreis dafür, die Erststimme der CDU, die Zweitstimme aber auf jeden Fall der FDP zu geben? Nein, sagt der Abgeordnete, überhaupt verstehe er die ganze Aufregung über die Zweitstimmenkampagne seiner Partei nicht. Das Wahlrecht erlaube ganz bewusst das Stimmensplitting und ermögliche so strategische Entscheidungen. Mit Hermann Gröhe gebe es jedenfalls „keinerlei Vereinbarung“.

Der wiederum warb gestern nochmals darum, die CDU mit beiden Stimmen zu wählen. Den Spruch Rainer Brüderles „Wer Merkel haben will, wählt FDP“, wird Gröhe wohl kaum unterschreiben.

Alle Parteien und die Direktkandidaten werben bis zum letzten Tag um die Gunst der Wähler. Gestern etwa trafen sich die Kandidaten bei einer Podiumsdiskussion der Berufsschule im Hammfeld. So kämpfen auch die Parteienvertreter im Wahlkreis 110 (Krefeld — Neuss II), der ebenfalls Teile des Kreisgebietes einschließt: Neben dem Krefelder Süden sind dort Meerbusch, Kaarst und Jüchen erfasst.

Auch auch diesem Wahlkreis könnten zwei Vertreter wieder in den Berliner Reichstag einziehen: Ansgar Heveling, 2005 erstmals und mit deutlichem Abstand gewählt, kämpft um die aussichtsreiche Wiederwahl. Otto Fricke (FDP), Haushaltsexperte seiner Fraktion in Berlin, ist mit Listenplatz 4 der Landesliste der Wiedereinzug sicher, sollte die FDP nicht doch noch überraschend an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

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