Wieder sorgen die Wollnys für Aufsehen

Erziehungsexperten erklären die Schwierigkeiten für Jugendliche mit Berühmtheits-Status.

Neuss. Es ist ein Schwarz-Weiß-Bild, das die Alarmglocken schrillen lässt: Eine Minderjährige posiert mit einer Maschinengewehr-Attrappe, das dunkle Basecap tief ins Gesicht gezogen. Unter dem beim sozialen Netzwerk „Instagram“ geposteten Bild prangt ein Spruch, der aufgrund von Fäkalsprache nicht komplett zitierfähig ist. „Nur Gott kann mich richten“, heißt es dort unter anderem.

Foto und Spruch stammen mutmaßlich von jener Wollny-Tochter, die Anfang der Woche von Familienmitgliedern auf der Neusser Polizeiwache abgeholt worden sein soll. In der Nacht zu Montag sollen die Tochter und ein 17 Jahre alter Freund einer Streifenwagenbesatzung an der Mainstraße aufgefallen sein, weil sie im sogenannten Wollny-Mobil mit hoher Geschwindigkeit unterwegs gewesen seien. Nach einer kurzen Verfolgungsjagd mit der Polizei endete die Fahrt für das Duo in einem Acker. Der Fahrer war nach Angaben der Polizei nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis. Laut Medienberichten sei das Mädchen kurz nach dem Vorfall von Zuhause ausgerissen. Eine entsprechende Vermisstenanzeige ist bei der Polizei aber noch nicht eingegangen.

Jene Wollny-Tochter war es auch, die in Verdacht steht, im August vergangenen Jahres einer Mitschülerin Pfefferspray ins Gesicht gesprüht zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat sie wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Das Opfer hatte durch die angebliche Pfefferspray-Attacke Verätzungen zweiten Grades erlitten. Das Mädchen bestreitet die Tat. Am 15. Februar muss es sich vor Gericht verantworten. Das Management der Familie schweigt sowohl zu der angeblichen Verfolgungsjagd als auch zum erhobenen Pfefferspray-Vorwurf.

Seit 2011 begleitet der Sender RTL II die Neusser Großfamilie. Die Zuschauerquote liegt durchschnittlich bei neun Prozent. Auch der Alltag der Kinder flimmert über die Bildschirme der Nation. „So in den Mittelpunkt gerückt zu werden, geht an keinem spurlos vorüber“, sagt der Neusser Erziehungswissenschaftler und Psychologe Albert Wunsch. Bereits in der Schule hätten die Wollny-Kinder aufgrund ihres Bekanntheitsgrades eine Art Sonderstatus gehabt. „Auf der einen Seite werden sie per TV-Sendung besonders herausgestellt, auf der anderen Seite sollen sie in Normalität leben. Das führt fast automatisch zu einem Identitätskonflikt“, sagt Wunsch: „Die Kinder sind die Leidtragenden des Medien-Wirbels, in welchen sie ‚koste es, was es wolle’ ungeschützt herein gezogen wurden.“

Der Neusser Familientherapeut Thomas Schwarz hat eine ähnliche Meinung. „Bei einigen Jugendlichen der Wollny-Familie ist fast das halbe Leben von diesem öffentlichen Interesse geprägt. Was als aufkommender Ruhm anfängt, wird irgendwann zur Last“, sagt Schwarz. Unter dieser Voraussetzung sei es schwierig, die entsprechenden Entwicklungsphasen zu durchlaufen. Grundsätzlich seien Vorfälle wie die Tour in dem Wollny-Mobil zwar für Jugendliche in der Pubertät nichts Ungewöhnliches. „Bei dieser Familie stößt es aber auf größeres Interesse“, sagt der Familientherapeut.

Immer wieder geraten Mitglieder der Wollny-Familie mit dem Gesetz in Konflikt. So beschäftigte Patrick Wollny Ende 2014 die Justiz. Bei einer Wohnungsdurchsuchung in Neuss entdeckte die Kripo bei ihm 13 Gramm Marihuana. Das Amtsgericht Neuss verurteilte den geständigen Patrick Wollny — auch aufgrund seiner insgesamt neun Vorstrafen — zu zwei Monaten Gefängnis auf Bewährung.

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