Unternehmen 3M: Jeder ist ein kleiner Erfinder

3M-Personalchef Jörg Dederichs über Unternehmenskultur und Innovationen.

Neuss. „Die menschliche Seite von Innovationen“ hat das Unternehmen 3M in diesem Jahr eine Veranstaltung genannt, die jetzt zum dritten Mal Kunden und Referenten aus der Wissenschaft in die Deutschland-Zentrale nach Neuss führte.

Dabei wurde auch die ganz spezielle Art der Unternehmens- und Mitarbeiterführung kommuniziert.

Die wiederum führe erst dazu, dass sich 3M in seiner über 100-jährigen Firmengeschichte kontinuierlich in einem Wandel und Wachstumsprozess befinde, unterstreicht Personalchef Jörg Dederichs am Rande der Tagung.

88 000 Mitarbeiter — 6000 davon in Deutschland — 30 Milliarden Euro Umsatz im Jahr, fünf ganz verschiedene Geschäftsbereiche mit Produkten von der Zahnspange über Software bis zum Klebeband: „Ein derart breit aufgestelltes Unternehmen, das auf Innovationen und Weiterentwicklungen angewiesen ist, kann man nicht streng hierarchisch wie eine Behörde leiten“, sagt Dederichs.

Daher hat 3M zum Beispiel die 15-Prozent-Regel eingeführt. „Den Mitarbeitern steht 15 Prozent ihrer Arbeitszeit frei, um eigene Ideen voranzutreiben“, erklärt der Arbeitsdirektor. Auf diese Weise seien etwa die berühmten Post-its entstanden.

„Art Fry hat 1974 an diese Idee geglaubt. Dreimal wurde sie bei 3M-Meetings abgelehnt, bis er sich dank einiger Empfehlungsschreiben von Bossen großer amerikanischer Firmen durchsetzen konnte“, erzählt Dederichs die Geschichte, die Pate für viele „Erfinder“ im Unternehmen stehe. Rund eine Milliarde Umsatz im Jahr führt er allein auf die 15-Prozent-Regel zurück.

Die Gefahr, dass durch diese „innovationsfördernde Unternehmenskultur“ Druck unter den Mitarbeitern aufgebaut werde, sieht der „General Manager Human Ressources“ nicht: „Wir haben ganz wenig Fluktuation, im Schnitt bleiben die Mitarbeiter 18 Jahre bei uns. Bei Rankings der beliebtesten Arbeitgeber liegen wir regelmäßig weit vorne.“

Dennoch gebe es auch Beschäftigte, die 3M nach kurzer Zeit wieder verlassen würden. „Nicht alle kommen damit klar, dass sie so viele Freiräume erhalten. Manche möchten gesagt bekommen, was sie zu tun haben. Die sind aber wahrscheinlich im Finanzamt besser aufgehoben“, sagt Dederichs.

Schon bei Einstellungsgesprächen achte 3M neben der Bereitschaft, sich auch auf Veränderungen einzulassen, mehr auf die Persönlichkeit und soziale Kompetenzen, weniger auf Zeugnisse: „Wer in seiner Freizeit als Spielertrainer einer Fußball-Oberliga-Mannschaft tätig ist, bringt eher Führungsqualitäten mit als einer, der in Oxford promoviert hat“, nennt Dederichs ein anschauliches Beispiel.

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