Stadt scheitert am Haltestellen-Umbau

Die Stadt vergibt den ÖPNV erneut an die Stadtwerke. Sie müssen nun aber auch die Haltestellen barrierefrei gastalten.

Neuss. Die Stadtwerke bleiben bis Ende 2029 der zentrale Mobilitätsdienstleister beim sogenannten öffentlichen straßenbezogenen Personen-Nahverkehr (ÖSPN). Der neue Zehn-Jahres-Vertrag hat allerdings einen Haken. Denn mit seinem Inkrafttreten am 4. Dezember 2019 befreit sich die Stadt von der Aufgabe, die Haltestellen barrierefrei umzubauen und drückt diese Aufgabe — inklusive aller Kosten — den Stadtwerken sozusagen aufs Auge. Bisher hatte sich das Tiefbaumanagement um die Haltestellen gekümmert, konnte in das Thema aber nie genug Tempo bringen, um — wie im Personenbeförderungsgesetz des Landes eigentlich vorgegeben — die Barrierefreiheit bis Anfang 2022 zu erreichen.

„Wir möchten die Barrierefreiheit bis Ende 2029 umsetzen“, versichert Uwe Koppelmann, der Betriebsleiter Nahverkehr der Stadtwerke. Die Stadt „schafft“ derzeit vier bis sechs Haltestellen im Jahr, ist aber trotz Prioritätenliste aus dem Jahr 2013 noch weit davon entfernt, zumindest Bergfest feiern zu können. Zuletzt hieß es aus dem Rathaus, 137 von 224 Bushaltestellen entsprechen dem angestrebten Standard noch nicht. Die Stadtwerke werden das Tempo also erhöhen müssen.

Die neue Aufgabe ist Teil eines zu erteilenden Öffentlichen Dienstleistungsauftrages (ÖDLA) der Stadt an ihr 100-prozentiges Tochterunternehmen. In dem dazugehörigen Leistungskatalog findet sich auch die Absicht (das Versprechen), so Koppelmann, „uns im Bereich E-Mobilität breit aufzustellen“. Die für 2019 angestrebte Umwandlung der Linie 842 in eine E-Bus-Linie soll dazu nur ein Anfang sein.

Der neue Vertrag wird nötig, weil Aufgaben im Bereich des ÖPNV, der eine besondere Rolle bei der Daseinsvorsorge der Kommune spielt, nur immer zeitlich befristet vergeben werden dürfen. Prinzipiell sind solche Aufgaben europaweit auszuschreiben, doch macht die Vorgabe der Europäischen Union dort eine Ausnahme, wo die Kommune einen eigenen Verkehrsbetrieb unterhält. So wie in Neuss also.

Die Auftragserteilung per Direktvergabe muss aber im EU-Amtsblatt 18 Monate vor Betriebsbeginn bekannt gemacht werden, damit Private noch die Möglichkeit haben, ein eigenes Angebot vorlegen zu können. Sie müssten dann aber ohne Ausgleichsleistungen der Stadt als Aufgabenträger kalkulieren, dürften sich andererseits aber auch nicht auf besonders lukrative Linien beschränken.

Regelungen wie mit den Stadtwerken will die Stadt auch mit der Rheinbahn, der Bahntochter „Busverkehre Rheinland“ (BVR) und der „NEW mobil und aktiv Mönchengladbach“ herbeiführen. Dazu wird entweder ein Kleinauftrag (unter 300 000 Jahreskilometer) erteilt, oder es erfolgt seinerseits eine Direktvergabe durch die Städte Düsseldorf (Rheinbahn) beziehungsweise Mönchengladbach (NEW), der die Stadt einfach nur zustimmt.

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