Stadt möchte Baulücken nutzen

Laut städtischem Kataster gibt es 155 Baulücken in Neuss. Auf diesen Flächen könnten 520 neue Wohnungen geschaffen werden.

Neuss. Das Lokal „Libero“ an der Hymgasse, das über mehr als vier Jahrzehnte von Hans-Josef Hellingrath geführt wurde, ist die letzte Lücke in der Häuserzeile, die nach den Bombennächten des Zweiten Weltkrieges nie wieder ganz geschlossen wurde. Das Grundstück ist zwar eingeschossig bebaut, doch schöpft die Gebäudehöhe das Potenzial in diesem Teil der Innenstadt nicht aus. „Mindergenutzt“ heißt das im Amtsdeutsch, weshalb das Lokal jetzt im Baulückenkataster der Stadt auftaucht.

Mit 105 Quadratmetern Größe ist sie die kleinste von insgesamt 155 Baulücken, die sofort oder in absehbarer Zeit bebaubar sind. Die größten Baulücken wurden an der Wehler Straße in Hoisten, wo zwei Flächen mit zusammen über 3000 Quadratmetern auf eine Nutzung warten, und an der Hahnenstraße in Rosellen (2527 Quadratmeter) identifiziert. Die ganze Liste wird morgen dem Planungsausschuss vorgelegt und diskutiert.

Das Baulückenkataster fußt auf der Erkenntnis, dass eine Innenverdichtung nicht nur ökonomisch sinnvoll sein kann, weil sich zum Beispiel die Erschließungs- und Infrastrukturkosten minimieren. Ein Wachsen der Stadt nach innen schont aber auch die Natur, weil die Grenzen der Wohnbebauung nicht weiter ins Freiland geschoben werden. Über die Vordringlichkeit einer solchen Innenverdichtung besteht deshalb schon länger Konsens in der Politik, sie findet sich auch mittelbar im „Bau- und planungspolitischen Leitbild der Neusser Stadtentwicklung“, wo auch von einer Stärkung der Grün- und Freiräume gesprochen wird.

Das Leitbild, das morgen ebenfalls die Politik beschäftigt, weist als dringlichstes Ziel die Schaffung von Wohnraum für 6750 Haushalte aus — in den nächsten 15 Jahren. 520 davon könnten in Baulücken entstehen, deren Gesamtgröße sich auf 12,1 Hektar addieren lässt. Zumindest theoretisch. Grundstücksbesitzer, die mit ihrer Baulücke eigene Pläne verfolgen, können einer Aufnahme in das Kataster nämlich widersprechen, betont Planungsdezernent Christoph Hölters.

Ein Baulückenkataster gibt es seit inzwischen 20 Jahren. Dreimal wurde es seitdem fortgeschrieben, zuletzt wurden die Daten zum Stichtag 31. Dezember 2016 erhoben. Die Fortschreibung zeigt auf, wie sehr das Instrument Innenverdichtung schon genutzt wurde. 1997 gab es 389 nutzbare Baulücken mit 28,8 Hektar Fläche. Platz für 1200 Wohnungen. 179 Baulücken waren es 2010 — mit 15,2 Hektar Fläche. Und nun sind noch 155 Baulücken im Angebot.

Davon, betont Hölters, sind 32 sogar neu. Sie entstehen etwa, wenn eine zusammenhängende Fläche bebaut wird und eine Restfläche liegenbleibt, die kleiner als 2000 Quadratmeter ist, erklärt er. Als Baulücke werden auch sie nur erfasst, wenn sie planerisch für den Wohnungsbau vorgesehen und unbebaut sind. Einzige Ausnahme: Flächen in der Innenstadt, aus denen man mehr machen kann.

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