Projekt gegen Glücksspielsucht

Gestern fiel im Berufsbildungszentrum in Grevenbroich der Startschuss für das Präventionsprojekt „Glüxxit“.

Projekt gegen Glücksspielsucht
Foto: A. Tinter

Grevenbroich. Poker, Geldspielautomaten und Sportwetten üben ihren Reiz nicht nur auf Erwachsene aus. Jugendliche machen im Durchschnitt bereits mit 13 Jahren ihre erste „Zockererfahrung“, dabei ist die Teilnahme am Glückspiel erst ab 18 erlaubt. Das Berufsbildungszentrum Grevenbroich (BBZ) mit 2300 Schülern nimmt sich nun des Themas an. Gestern war der Auftakt für das Präventionsprojekt „Glüxxit“. Die Schule kooperiert mit den Caritas-Sozialdiensten und der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW. Laut Caritas ist das BBZ die erste Schule im Rhein-Kreis, die an dem Projekt teilnimmt.

Tobias Hayer, Glücksspielforscher

Auf dem Tisch stand ein „Glüxxit“-Material-Koffer, dessen Inhalt einer Mini-Spielbank gleicht — mit Roulette-Teller, Kartenspiel, Würfelbecher und mehr. Doch „gezockt“ wurde im BBZ nicht, Schüler und Lehrer sollen für die Gefahren sensibilisiert werden. Dass Glücksspiel Gesprächsthema bei Jugendlichen auch an der Berufsschule ist, weiß Christoph Borries, Pfarrer und Religionslehrer: „Montags wird auf dem Schulhof auch über Sportwetten und Spielquoten geredet.“ Zudem werde berichtet, dass BBZ-Schüler in längeren Pausen Spielhallen besuchten. „Schule muss sich mit diesem Thema auseinandersetzen“, betont der stellvertretende Schulleiter Knud Hansen.

Als Experte kam Glücksspielforscher Tobias Hayer von der Uni Bremen nach Grevenbroich. „Etwa 40 Prozent der Jugendlichen haben in den vergangenen zwölf Monaten ,gezockt’, rund ein bis drei Prozent der 13- bis 20-Jährigen erfüllen die Kriterien des problematischen Glückspielens“, erklärt Hayer. Überdurchschnittlich gefährdet seien männliche Jugendliche, Jugendliche mit Migrationshinterrund und Berufsschüler. Verena Verhoeven, Leiterin der Fachstelle Glückspielssucht bei der Caritas, beobachtet: „Glücksspielsucht nimmt zu. Im Jahr beraten wir 220 Menschen.“

Ein Grund für den Anstieg: Der Markt sei größer, Spielautomaten zudem oft schneller und teurer geworden. Und Internet-Wetten per Smartphone, bei denen etwa mit Kreditkarte bezahlt werde, seien der Sucht-Turbo. „Eltern bemerken das oft erst sehr spät“, sagt Verhoeven.

Die Folgen von Glücksspielsucht könnten verheerend sein: eine Verschuldung von 50 000 Euro und mehr bis zum Verlust von Haus und Hof. Auch die Suizid-Rate sei überdurchschnittlich. Mit dem erhobenen Zeigefinger wollte Hayer gestern aber nicht kommen. „Ich will wachrütteln“, sagte er vor der Veranstaltung mit rund 140 Schülern. Ein Gewinn sei erst einmal ein positives Erlebnis, das nach Wiederholung rufe. „Viele Jugendliche meinen, dass sie mit ihren Kenntnissen etwa bei Sportwetten gute Gewinn-Chancen haben. Doch am Ende ist der Gewinner der Wett-Anbieter“, erklärt Hayer. Auch Lehrer befassten sich mit dem Thema. Sie sollen sensibilisiert werden, wie sie die Gefahr einer Glücksspielsucht erkennen, um Schüler anzusprechen und zu Beratungsstellen vermitteln zu können. Das Thema soll zudem im Unterricht behandelt werden.

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