Politik kritisiert Grünflächenamt

Schlechte Kommunikation, Arbeit angeblich nur auf Zuruf, überlastetes Personal: Politiker sehen Handlungsbedarf.

Politik kritisiert Grünflächenamt
Foto: Bangert

Neuss. Wenn am letzten Augustwochenende der Schützenfest-Ausnahmezustand die Stadt einnimmt, wird sich Neuss von seiner Schokoladenseite zeigen. Vor allem die Grünflächen im Stadtgebiet erfahren zuvor besondere Zuneigung. Dass die Schokoladenseite im Rest des Jahres auf vielen Flächen eher zu „zartbitter“ verkommt, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Doch die Politik hat nun offenbar genug — und setzte dem Amt für Stadtgrün, Umwelt und Klima, im jüngsten Umweltausschuss die Pistole auf die Brust. Hintergrund ist ein Bericht der Gemeindeprüfungsanstalt des Landes, die die Stadtverwaltung (2010 bis 2015) durchleuchtet hat und in der Abteilung „Grünpflege“ größten Handlungsbedarf sieht. „Ungenügend“ lautet das vernichtende Urteil.

„Es ist kein normaler Pflegerahmen an irgendeiner Stelle nachvollziehbar erkennbar. Das Grünflächenamt arbeitet nur auf Zuruf“, sagte Ingrid Schäfer (CDU), die einen weiteren Kritikpunkt nannte: „Wir werden bombardiert aus der Bevölkerung von Bürgern, die unzufrieden mit der Grünpflege sind. Der Umgang mit diesen Beschwerden im Amt ist katastrophal.“ Carsten Thiel (UWG) zeichnete ein dramatisches Szenario: „Wenn es so weiter geht, müssen wir Angst haben, bald in einem Urwald zu leben. Die Grünflächen sind so versaut und verdreckt, da ist sofort Handlungsbedarf. Es ist eine Schande, wenn fremde Menschen nach Neuss kommen und unsere Grünflächen in solch einem Zustand sehen.“

Ingeborg Arndt (Grüne) erinnerte an ein Gutachten, aus dem hervorging, wie viel Personalbedarf das Grünflächenamt eigentlich hat. „Die nötige Anzahl ist überhaupt noch nicht erreicht. Da vermisse ich Tätigkeiten“, machte die Stadtverordnete deutlich.

Doch die Hoffnung auf eine Aufstockung — 2016 waren fünf Hilfsgärtner hinzugekommen — ließ Umweltdezernent Matthias Welpmann nicht aufkommen: „Im Moment gibt es 67 Mitarbeiter im Außendienst. Aktuell ist nicht vorgesehen, diese Zahl zu erhöhen.“ Er finde die Kritik der Ausschussmitglieder nur in Teilen gerechtfertigt: „Erst dann zu reagieren, wenn es irgendwo einen Missstand gibt, ist kein systematisches Arbeiten. Das würde ich mir auch anders wünschen.“

Die Hoffnung der Verwaltung ruht jetzt auf dem Grünflächenkataster, das eine zeitgemäße Planung, Dokumentation und betriebswirtschaftliche Bewertung der Flächen — laut GPA 372 Quadratmeter pro Einwohner — ermöglichen soll. Diesbezüglich hatte Welpmann eine gute und eine schlechte Nachricht zu verkünden. Die gute: Aktuell schreibt die Stadt eine Stelle aus, die nichts anderes vorsieht, als dieses Kataster zu erstellen und in Zukunft weiter zu betreuen. Die schlechte: Die Erstellung braucht Zeit. Mindestens zwei Jahre, wahrscheinlich länger.

Besänftigt waren die Gemüter im Ausschuss nicht. Der Tenor: Das muss schneller gehen. Stephanie Wellens (CDU) schlug vor, der Politik Informationen zur Verfügung zu stellen, mit denen „einigermaßen seriös“ in den nächsten und übernächsten Haushaltsberatungen gearbeitet werden kann. Auch Ingeborg Arndt warb dafür, nicht bis zur Erstellung des Katasters zu warten, sondern vorher einen Plan zu entwickeln, wie man schnell Defizite beseitigen kann.

Am Ende erweiterten die Ausschussmitglieder die Beschlussempfehlung der Verwaltung zum GPA-Bericht (diesen zur Kenntnis zu nehmen). So soll das Grünflächenamt die Politik künftig regelmäßig über ihre Arbeit informieren, zudem werden Firmen angesprochen, die sich um die Pflege von Mittelinseln und Kreisverkehren kümmern können. Die für die Ausschussmitglieder wichtigste Ergänzung ist jedoch, dass neben der Erstellung des Katasters mit der Aufstellung von Pflegestandards begonnen werden soll.

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