Neuss: Raketenstation - Das Feld-Haus vor der Eröffnung

Populäre Druckgrafik wird im Kirkeby-Haus als Dependance des Clemens-Sels-Museums gezeigt.

Neuss. Sie waren im 18. und 19. Jahrhundert so beliebt wie heute die Klatschpresse. Sie zeugen von inniger Verbundenheit zu einem anderen Menschen, sind Zeugnisse tiefer Religiosität oder sollen schlicht Neujahrsgrüße übermitteln.

Die populäre Druckgrafik umfasst Andachts- und Heiligenbildchen, so genannte Freundschafts- und Glückwunschbillets oder ganze Bilderbögen, die als Vorläufer der Comics gelten.

5000 dieser Exponate hat Irmgard Feldhaus, ehemalige Leiterin des Clemens-Sels-Museums, in mehreren Jahrzehnten zusammengetragen und lange in ihrem Keller aufbewahrt. 2006 schenkte sie der Stadt ihre private Sammlung.

Am Sonntag nun erfüllt sich für die Mäzenatin einen Tag nach ihrem 90. Geburtstag ein Traum: Auf dem Kirkeby-Feld der Raketenstation wird "ihr" Feld-Haus als Dependance des Clemens-Sels-Museums eröffnet.

400 der außergewöhnlichen Stücke werden zum Auftakt in dem von Per Kirkeby als Architekturskulptur entworfenen Museum gezeigt, Feldhaus persönlich hat die Auswahl getroffen.

Der Rest der Sammlung wird in dem ebenfalls als Forschungsstätte konzipierten Gebäude - die Stadt zahlt einen symbolischen Euro Miete an die Museumsstiftung - archiviert.

Während ein Teil des Feld-Hauses einer Dauerpräsentation vorbehalten ist, die jedoch einem stetigen Veränderungs- und Erweiterungsprozess unterliegt, sollen im anderen Teil ein bis zwei Wechselausstellungen im Jahr stattfinden.

Uta Husmeier-Schirlitz, Direktorin des Clemens-Sels-Museums, sieht zwischen der neuen Dependance und ihrem Haus einen festen Verbund, der sich auch in Überschneidungen der Bestände dokumentiere.

Denn im Stammhaus am Obertor fänden sich ebenfalls jene bunten Bilder, die nicht nur amüsieren, "sondern zum Teil auch irritieren, entsetzen oder anrühren, die vor allem aber die Normen und Werte unserer Großväter widerspiegeln, was Erziehung, Rollenbilder oder Familienverständnis betrifft".

"Die Druckgrafik war zu ihrer Zeit wie ein Zeitungsersatz", versucht Thomas Ludewig, stellvertretender Leiter des Sels-Museums, eine kulturhistorische Einordnung. Es seien dabei keineswegs immer nur alles kleine Kunstwerke gewesen, "es existierte auch lapidare Massenware, die schlicht den Hunger nach Bildern stillen sollte".

Es gibt zu den Objekten im neuen Museum keine weiteren Informationen an den Wänden, bis Sonntag soll jedoch eine Broschüre fertig sein, die auf 60 Seiten Erläuterungen bietet.

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