Neuss: Omas Goldkette in Ehren halten

Trotz Rekordpreisen für Gold ist der Verkauf von altem Schmuck nicht immer eine rentable Lösung.

Neuss. Es klingt nach schnellem, unkompliziertem Geld: "Goldankauf, Bargeld". Mit solchen Worten werben auch in Neuss Juweliere um die Gunst von Kunden, die aus dem Nachlass Verstorbener oder aus dem eigenen Schmuckkästchen eine Goldkette oder Ringe verkaufen, oder sogar Zahngold veräußern möchten.

Nach einem Preissturz im vergangenen Herbst für die feine Unze (etwa 31 Gramm) auf beinahe 700 US-Dollar hat sich der Goldpreis stark erholt und liegt nun beinahe wieder bei 1.000 Dollar.

Der Grund: Im Zuge der Finanzkrise setzen vor allem Kleinanleger auf sichere Anlagen und ordern Münzen wie den südafrikanischen Krügerrand, den Wiener Philharmoniker oder auch Goldbarren.

Sie haben mit ihrer Nachfrage zu einem solchen Anstieg des Goldpreises beigetragen, dass mit dem Verkauf des Familienschmucks ein Vermögen gemacht werden kann. Oder eben auch nicht.

"Es kommt vor, dass Kunden in unser Geschäft kommen und alten Schmuck losschlagen wollen", räumt Juwelier Franz-Josef Badort ein. Oft muss er sie unverrichteter Dinge wieder nach Hause schicken. Denn zum einen lohnt sich der Ankauf von altem Schmuck nur ab einer bestimmten Menge, zum anderen muss Badort Schmuck per Gesetz sechs Wochen liegen lassen.

"Damit sichergestellt ist, dass es sich nicht um Diebesgut handelt." Und bei dem derzeit fallenden Preis für die feine Unze könne der Ankauf riskant sein.

Dass jedoch das Interesse nach dem Verkauf von Altgold auch in Neuss groß ist, kann auch Haydar Erdem bestätigen. "Seit zwei, drei Monaten kommen jeden Tag mehrere Kunden", sagt der Juwelier. Er richtet sich bei seinen Preises strikt nach dem aktuellen Kurs, der im Internet eingesehen werden kann. "Trotzdem sind viele Kunden enttäuscht, weil der Ertrag meist weniger ist, als sie errechnet haben."

"Dabei ist das Errechnen des reinen Goldwertes eines Schmuckstücks keine große Kunst", sagt Martin Siegel, Autor mehrerer Fachbücher über das Edelmetall und Geschäftsführer des Online-Edelmetallhandels Westgold. Dies gilt, solange die Reinheit feststeht, die in einem Prüfstempel vermerkt ist. Siegel warnt vor übertriebenen Hoffnungen: "Vor allem Zahngold ist nie reines Gold, sondern hat immer Beimischungen meist mehrerer Metalle wie Palladium oder sogar Zinn."

Und viele Verkäufer würden nicht berücksichtigen, dass der Juwelier nicht erfreut die Hände in die Hände klatsche, sondern auch die Scheidekosten tragen müsse, die anfallen, wenn das reine Gold von den mitverarbeiteten Metallen getrennt wird. "Und das ist bei einer Kette oder einem Ring schon einiges", bestätigt Badort.

Für ihn kommt jedoch noch ein weiterer Aspekt dazu: Mit dem Schmelzen alten Schmucks sei die kreative Arbeit des Goldschmieds unwiederbringlich verloren. "Das tut manchmal richtig weh, und oft sage ich dem Kunden, dass er das gute Stück lieber in Ehren halten soll. Denn oft ist der Wert einer Arbeit höher, als der Rohwert des Materials."

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