Neuss: Nach einem Jahr immer noch nichts mit „rauchfrei“

Wirte nutzen gesetzliche Schlupflöcher – und sind nach wie vor verärgert.

Neuss. Von wegen rauchfrei! Ein Jahr nachdem das Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten ist, wird in den Neusser Kneipen fleißig weiter gequalmt. In der Wunderbar sitzt man gemütlich bei einem Bier zusammen und genießt den Feierabend - zwischen den Fingern ein Glimmstängel.

Die Gastronomen nutzen die gesetzlichen Schlupflöcher: Abgetrennte Raucherzonen oder Raucherclubs machen nach wie vor das ungestörte Qualmen möglich.

Für Wunderbar-Eventkoordinator Markus Titschnegg war schnell klar, dass er kein Freund des Rauchverbots wird. "Ich hielt es von Anfang an für Unsinn", sagt er. Eine Wand im hinteren Teil der Bar wurde hochgezogen, "die Raucher vor den Nichtrauchern schützen sollte". Der rauchfreie Bereich bleibt jedoch weitgehend ungenutzt.

"Die Leute weichen nur darauf aus, wenn alle anderen Tische besetzt sind", sagt Titschnegg. Die angrenzende Disko verwandelt sich ab Mitternacht in einen Raucherclub. "Dann muss beim Eintritt der Mitgliedsausweis gezeigt werden", sagt Titschnegg. Vor Mitternacht darf nicht gequalmt werden.

Für Jürgen Schmitz vom Ordnungsamt sind gerade die Raucherclubs ein heikles Thema. "Wir werden uns mit Kontrollen noch verstärkt den Raucherclubs widmen", sagt er. Bisher habe man das nicht getan. Die Raucherclubs zu kontrollieren bedeute einen hohen Verwaltungsaufwand.

Es sei nicht damit getan, darauf zu achten, ob auch jeder Disko-Besucher einen Ausweis habe. "Die Gastronome müssen Vereinslisten führen. Ob die eingehalten und gepflegt werden, muss überprüft werden", sagt Schmitz.

Im April habe eine Untersuchung des Ordnungsamtes ergeben, dass einige Wirte sich beharrlich dem Nichtraucherschutz verweigert hätten. "Bürger hatten sich beschwert", erklärt Schmitz. Verwarngelder und Bußgeldverfahren waren die Folge. "Einige Betriebe haben daraufhin umgebaut."

In der Kneipe Marienbildchen war ein Umbau nicht nötig. Die obere Etage wurde zum Nichtraucherbereich verbannt. "Wir hatten diesen Luxus, andere hingegen mussten tief in die Tasche greifen", sagt Inhaber Michael Bott. Einen Bedarf an Nichtraucherplätzen kann er nicht erkennen: "Ich kann mich an eine Dame erinnern, die nach einem rauchfreien Platz gebeten hat", sagt er. Sonst seien die Nichtraucher-Zonen "toter Raum."

Durch den Sommer wird die Situation entschärft. Und das ist auch für das Ordnungsamt eine Entlastung: "Bei schönem Wetter können Gastwirte ihre Außenflächen nutzen", sagt Jürgen Schmitz. "Kontrollen werden wir erst wieder in den kalten Monaten verschärfen."

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