Neuss: Masterkonto unterm Dach

Im „Konzern Stadt“ funktioniert ein Bankensystem der speziellen Art.

Neuss. Die Kontonummer wird nicht verraten. Doch hier werden Millionen bewegt, jeden Tag. Rainer Lante und Werner Schulz sitzen vor ihren Rechnern in dem Büro, das eher an eine Dachkammer erinnert, und manchmal kommt Kämmereileiter Günther Hall vorbei.

Beim Blick auf die Kontobewegungen kommt Freude auf. "Das ist unser Masterkonto", heißt es dann. Es ist eine Art Konzern-Liquiditätsverbund: ein Konto für die Stadtverwaltung und alle Töchter.

Was mit "Cash Management" umschrieben wird, betreibt die Stadt seit Jahren. Mit der komplexen EDV-gestützten Form und dem automatischen Abgleich jeden Abend aber war die Kommune die erste Stadt in NRW; jetzt gibt es einige Nachahmer und etliche Interessenten.

Auf einer Tagung im Bundesinnenministerium hat Johannes Winkel, Ministerialdirigent im NRW-Innenministerium, Neuss für dieses Management ausdrücklich gelobt.

Wie es funktioniert? Auf das Masterkonto fließen täglich am frühen Abend die Überschüsse von den Konten der Stadtverwaltung und denen der Töchter vom Bauverein bis zum Lukaskrankenhaus ab. Aus diesem Pool können die angeschlossenen Teilnehmer wiederum kurzfristig Geld entnehmen.

Jeden Abend werden die Verzinsung der Überschüsse und die Darlehenszinsen für die Nehmer berechnet. Die West LB stellt die EDV. Für die Teilnehmer entfallen im kurzfristigen Geschäft Gespräche mit den Banken und die Abwicklung der Transaktionen.

Über die Konditionen gibt es Vereinbarungen, die sich am Geldhandel zwischen den Banken orientieren und einen Aufschlag für die Sparkasse enthalten. Natürlich wird über diese Bedingungen geschwiegen. Günther Hall sagt nur soviel: "Die Konditionen sind deutlich besser als beim alten Modell." Das betrifft vor allem die Debitorenzinsen.

Das Team in der Kämmerei kann Einblick in die Bewegungen nehmen, eingreifen darf es nicht. Bei ungewöhnlich großen Transaktionen aber würde nachgehakt: Nutzt ein Teilnehmer die günstigen Bedingungen zur langfristigen Kreditaufnahme? "Noch nie vorgekommen", sagt Werner Schulz.

Und Rainer Lante ergänzt, die gute Zusammenarbeit im "Konzern Stadt" biete die Vertrauensbasis für das Cash-Management-System. 150 Millionen Euro dürfte das Masterkonto kurzfristig ins Minus rutschten. Dieser Rahmen aber wurde noch nicht ansatzweise erreicht.

So sind die Banker in der Kämmerei hochzufrieden mit dem Geldtransfer. Obwohl: Das Wort Banker hören sie nicht gern. Das sei Teil des Kämmereigeschäftes. "Wir koordinieren innerhalb des Konzerns - wie eine Bank", sagt Rainer Lante.

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