Neuss: Maria und Kind wieder ausgestellt

Restaurierung: Kunstvolles Werk aus dem 15. Jahrhundert wiederhergestellt.

Neuss. Es ist eines der herausragenden Werke im Clemens-Sels-Museum, etwa 550 Jahre alt, ein ausdrucksstarkes Bildnis der Madonna mit Kind. Ein Andachtsbild: Ein unbekannter Stifter hat es Mitte des 15. Jahrhunderts in Auftrag gegeben, um die Madonna im Haus und auf Reisen immer um sich zu haben. Elf Monate war das Bild aus dem Museum verschwunden. Jetzt ist es, aufwendig restauriert, wieder zu sehen.

Die Restauratorin Hiltrud Schinzel, die schon so manches Werk für das Museum bearbeitet hat, spricht trotz langer Erfahrung und viel Routine von "Kriminalistik" und "Archäologie". Sie ist dem Bild eines Künstlers "aus dem Umkreis Rogier van der Weyden" buchstäblich auf den Grund gegangen. "Aus dem Umkreis" schreibt das Museum, doch die Arbeiten der Restauratoren haben weiter Hinweise erbracht, dass das Madonnenbild tatsächlich von dem schon zu Lebzeiten hochberühmten niederländischen Maler stammt.

Röntgen, Infrarot- und ultra-violette Durchleuchtung, mikroskopische Betrachtung: Das alles lieferte Aufschlüsse über das Werk. So trat die Vorzeichnung zu Tage, die nochmals die Vermutung stärkt, es mit einem originalen Rogier van der Weyden zu tun zu haben.

Das kunstvoll drapierte weiße Tuch der Maria, darüber der rote Mantel, und ein weiteres für van der Weyden typisches Detail - das Jesuskind knickt die Zehen ein - deuten auf den berühmten Maler. Schließlich hält das Kind eine blaue Ehrenpreisblüte in der Hand. Das, so Uta Husmeier-Schirlitz, habe sie auf keinem vergleichbaren Bild entdeckt: "Eine einmalige Ikonografie, ein außergewöhnliches Werk!"

Nach der monatelangen Arbeit sind nun behutsam die Schäden der Jahrhunderte behoben. Fünf verschiedene Kitte hat Hiltrud Schinzel entfernt, immer wieder wurden Firniss-Schichten aufgetragen, feine Details wie etwa in blau gehaltene Hautfalten wurden so verdeckt, die strukturierte Oberfläche geglättet. Das alles ist behoben - behutsam. "Der Gesamteindruck ist wiederhergestellt, ohne dass wir vorgeben, dass wir das Originalwerk zeigen", sagt Uta Husmeier-Schirlitz. Die Restaurierung wurde vorwiegend mit Landesmitteln finanziert. Geld für weitere Recherche, ob tatsächlich ein Rogier van der Weyden im Museum hängt, gibt es nicht.

Doch schon ist das nächste Bild in Restauratorinnenhänden: Heinrich Campendonks "Der heilige Julian", der den Betrachter im Foyer empfängt, ist bereits in der Werkstatt. Das Papierbild war in derart heiklem Zustand, dass die Museumschefin sagt: "Hier gab es nur: Restaurieren oder aufgeben." Im Sommer soll der neue Campendonk wieder zu sehen sein.

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