Neuss: Haus Lebensbrücke - der Beginn eines neues Lebens

Das Haus erweckt den piefigen Charme einer Jugendherberge. Es riecht nach Putzmittel, im Flur verweisen bunte Türrahmen auf die verschiedenen Wohnbereiche. Das Mobiliar ist zweckmäßig und robust, damit es einem Wutausbruch standhält.

Neuss."Das Haus ist so gut wie seine Bewohner", sagen die, die seit Wochen, seit Monaten und manchmal auch seit Jahren im Haus Lebensbrücke wohnen. Es sind Menschen, die in ihrem Leben irgendwann einmal aus der Bahn geworfen wurden. Manche haben erst ihre Arbeit und dann ihre Wohnung verloren haben, andere sind drogensüchtig und wieder andere wurden gerade aus dem Gefängnis entlassen und müssen erst lernen, ein eigenständiges Leben zu führen. Keine einfache Mischung, die da zusammenkommt.

Eines jedoch eint sie alle: Wer in das Haus Lebensbrücke zieht, hat sich noch nicht aufgegeben. Die Bewohner lernen, wieder Fuß zu fassen und ein normales Leben zu führen. Das Ziel ist der Umzug in eine eigene Wohnung. "Resozialisierungsmaßnahmen" nennt das der Fachmann - in diesem Fall Harald Jansen. Auf seiner Visitenkarte steht "Heimleiter", der Begriff rührt noch aus der Vergangenheit des Hauses Lebensbrücke, als es noch "Heim für Nicht-Sesshafte" hieß. Heute gibt dieses Haus eben jenen "Nicht-Sesshaften" eine Perspektive. Der Name des Hauses ist Programm, durch den Aufenthalt im Haus soll eine Brücke zurück ins normale Leben gebaut werden.

Die Bewohner, derzeit sind es 35 Männer, leben in Einzel- oder Doppelzimmern innerhalb einer Wohngemeinschaft. Dort gibt es einen Aufenthaltsraum und eine Küche. "Hier kann sich jeder selbst was kochen. Manchmal essen wir aber auch zusammen", erzählt Andreas S. Er wohnt schon seit fast drei Jahren im Haus, weiß die Vorteile zu schätzen. "Man hat wieder eine feste Anschrift, die man bei Ämtern angeben kann. Und bei Fragen oder Problemen helfen die Sozialarbeiter." Für jede der vier Wohngruppen ist ein Sozialarbeiter zuständig. Eine von ihnen, Frau Schmitz, hat gerade keine Zeit zum Plausch. "Schon wieder so ein Hartz-IV-Antrag", sagt sie und blättert durch die Formulare.

"Mit den Sozialarbeitern versteht man sich eigentlich gut", sagt Thomas B. Die meisten sind froh einen Platz im Haus Lebensbrücke zu haben. "Es lässt sich hier leben. 1000 Mal besser als in den Notunterkünften", sind sich die Männer einig. "Man gewöhnt sich daran", fügt Dennis S. hinzu. Mit "gewöhnen" meint er den durchstrukturierten Tagesablauf, ein eigenes, mit einem Schloss gesichertes Fach im Kühlschrank oder die Regeln, an die sich alle halten müssen. "Wer das nicht kann, muss gehen", sagt Jansen. Keine Drogen im Haus, keine Schlägereien, kein Diebstahl. Dafür Putzpläne, regelmäßige Gruppenabende und die Bereitschaft, sich anzupassen.

Was aussieht, wie eine Jugendherberge, ist für manche der Beginn in ein neues Leben. Für andere eine Chance, die nicht genutzt wird. Und für manche ist es einfach nur eine Station in einem Leben, das sich nicht resozialisieren lässt.

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