Neuss: Ein Narr im Blaumann

Der 57-jährige Jürgen Müller baut seit vielen Jahren die bunten Wagen für den Neusser Karnevalsumzug.

Neuss. Das E strahlt in orange, das M glänzt in braun. 27 weitere Buchstaben warten noch darauf, von Jürgen Müller bunt bemalt zu werden. Sie liegen vor dem 57-jährigen auf dem Tisch und bilden zusammen das städtische Karnevalsmotto "Neusser Narretey wie anno dazumal".

Müller hat die Buchstaben aus Styropor ausgeschnitten und bemalt. "Wenn die Farbe trocken ist, befestige ich sie am Zugleiterwagen, der beim Kappessonntagzug ganz vorne fährt", erklärt er, schnappt sich das Z und tunkt den Pinsel in einen roten Farbtopf.

Jürgen Müller sorgt dafür, dass die Neusser Narren am Kappessonntag auf prächtigen Wagen durch die Straßen rollen können. Seit sieben Jahren baut er die großen Gespanne für den Neusser Karnevalsausschuss.

Neun Wagen sind sein Werk. "Meine Aufgabe ist, die Grundgerüste der Hänger mit Holz zu verkleiden und zu gestalten. Ich richte mich immer nach dem Motto, darf meiner Kreativität aber freien Lauf lassen", erzählt er.

Neben dem Bau falle viel Feinarbeit an. "Bei vielen Wagen muss ich Details ausbessern, Zierrat herstellen", sagt Müller.

Seit einem halben Jahr verbringt der Neusser täglich mehrere Stunden in der Halle am Theater am Schlachthof, malt, sägt und schraubt an den jecken Fahrzeugen. Und das neben seinem Beruf: Der Dreh- und Frästechniker behält den blauen Kittel nach Feierabend an und macht sich in der Halle an seine ehrenamtliche Tätigkeit.

"Mir macht das Spaß, ich freue mich, wenn die Leute beim Zug meine Wagen bewundern. Und ich bin dabei sehr ehrgeizig. Ich bastele so lange, bis ich vollkommen zufrieden bin", verrät er.

Sein besonderer Stolz in dieser Session ist der Motto-Wagen. "Ich habe die sechs früheren Neusser Stadttore auf einer Mauer dargestellt. Das ganze wirkt mittelalterlich. Die Idee hatte Werner Zock, ein Vorstandsmitglied des Karnevalausschusses. Das Motiv passt zu den Worten anno dazumal", sagt Müller.

Auch privat ist Müller ein Karnevalist durch und durch. Seit vielen Jahren ist er Mitglied in der KG Rote Husaren, nebenbei springt er auch gelegentlich als Fahrer für das Prinzenpaar ein. "Karneval bedeutet für mich zunächst Stress, später dann Spaß. Ich habe monatelang viel Arbeit, aber in der Session feiere ich dann ausgiebig mit", erzählt Müller.

Mit ihm schunkeln dann Frau Brigitte und Tochter Nicole. Jüngster Narr in der Familie ist Enkelsohn Fabian, gerade mal ein Jahr alt. "Direkt nach seiner Geburt haben wir ihn bei der Stadtprinzengarde angemeldet", sagt Müller lachend.

Der gebürtige Schleswig-Holsteiner, der seit 1951 in Neuss lebt, stammt trotz seiner norddeutschen Herkunft aus einer echten Karnevalsfamilie. "Mein Vater hat auch Wagen für die fünfte Jahreszeit gebaut", sagt er. Aber nicht nur das Winterbrauchtum hat es Müller angetan.

Auch im Neusser Schützenwesen engagiert er sich,. "Die Kirmes feiere ich mit meinem Sohn Sven. Der mag Karneval nämlich gar nicht", sagt Müller. Spricht’s und greift sich den nächsten Buchstaben.

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