Neuss: Ein Heiliger als Jeselle

Eine Ausstellung zeigt die Verbindungen von St. Quirin und den Schützen.

Neuss. Auch der Heilige Quirinus hatte seine unheiligen, geradezu reaktionären Momente. Zumindest in den Augen des Grenadierzuges "Wier send weer do" während des Schützenfestes 1977.

Zum Fackelzug hatten die Schützen einen Wagen gebaut, auf dem der Heilige von seinem Platz auf der Kuppel des Münsters mit Kohlköpfen nach startenden Düsenjets wirft: "Ne-wat ene Lärm. De Krach ben esch satt!"

Über Anekdoten wie diese und das Verhältnis des Heiligen zum Schützenwesen informiert die Austellung "Quirinus-Stadtpatron und Schötzejeselle", die jetzt im Rheinischen Schützenmuseum an der Oberstraße eröffnet wurde.

Quirinus-ein Schützengeselle? "Dieser Vergleich ist durchaus nicht abwegig", findet Museumsleiterin Britta Spies. Denn der Heilige sei von Anfang an im Neusser Bürgerschützenfest kein Schutzheiliger im engeren Sinne wie etwa bei einer Schützenbruderschaft gewesen, sondern ein Heiliger auf Augenhöhe.

"Seine Funktion im Schützenwesen ist daher eher inoffizieller Natur, was sich darin widerspiegelt, dass mal er, mal aber auch das Münster oder das Neusser Stadtwappen auf historischen Orden, Pokalen, Plaketten, Plakaten oder Eintrittskarten zu sehen ist", erklärt Spies.

Und über einen Heiligen, der so auch ein "Jeselle" ist, darf man sich ruhig auch mal lustig machen.

Wie etwa bei den Fackelzügen. Ebenfalls 1977 stellte der Grenadierzug Steinadler Quirinus gar als "letzte Jungfrau" dar. Für den Jägerzug Hubertus Hirsch war der Stadtpatron 2004 "ein Heiliger für (fast) alle Fälle".

Es ist vor allem die Fülle der Dinge in dieser Ausstellung, die beeindruckt. Über historische Details informieren mit grünem Filz unterlegte Tafeln. Etwa über die Geschichte der "St. Quirinus Schötzejesellen", die sich einzig und alleine zu Zwecken der Geschichtsforschung gegründet haben und niemals wirklich Aufnahme in das Neusser Bürgerschützenfest fanden.

Beeindruckend ist auch die Vielzahl der Darstellungen des Quirinus. Denn nicht immer wird er so präsentiert, wie er in der Gegenwart auf dem Münster Position bezogen hat. Darstellungen aus dem 19.Jahrhundert zeigen ihn auch mal als spätmittelalterlichen Jüngling mit wallendem Haar und Barrett, in anderen Fällen erscheint er samt Brustharnisch und blankpoliertem Zenturio-Helm tatsächlich als der römische Legionär, der er der Legende nach gewesen sein soll.

Britta Spies bringt das Verhältnis des Quirinus auf den Punkt: "Der Heilige ist einfach für viele ein Stück unverwechselbare Heimat. Genau wie auch das Schützenfest. Und deshalb gehört er einfach dazu."

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