Neuss: Drinck vnd est, Gots nit ferges

Clemens-Sels-Museum: Die umgestaltete Dauerausstellung „Nuyss. Das mittelalterliche Neuss“ im Obertor wird morgen eröffnet. Kriegsereignisse treffen auf die Vorläufer von „Food City“.

Neuss. Neuss im Mittelalter: bedeutender Handelsplatz, der Begehrlichkeiten weckt, Schauplatz von Krisen, die weit über den kommunalen Rahmen hinausgehen. Für Kontinuität bürgt das Wirtschaftsleben: "Food City" hat der Stadt aus so manchem Tiefpunkt herausgeholfen. Die neu gestaltete Dauerausstellung im Clemens-Sels-Museum zeigt im Obertor Höhen und Tiefen sowie die Wechselwirkung auf höchst spannende Weise.

Kriegerisches empfängt den Besucher: vom Kampf verbogene Schwerter, ein zerschossener Helm, Munition - Fundstücke zum Beispiel vom Hafenbecken1.

Sie künden von Belagerung und Aufgabe der Stadt im Zuge des Thronfolgestreits zwischen Staufern und Welfen zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als die Stadt aufgibt. Oder von der berühmten Belagerung durch die Truppen Karls des Kühnen, des Herzogs von Burgund, 1474/75: Neuss hält durch, wird dafür vom Kölner Erzbischof mit Privilegien bedacht. Und vom Truchsessischen Krieg 1585/86 - die Stadt fällt, eine große Metzelei beginnt, Neuss sinkt fast zur Bedeutungslosigkeit herab. Das allerdings nicht für lange Zeit.

Das Wirtschaftsleben der Stadt der Ackerbürger pulsiert bald wieder, zahlreiche Mühlen produzieren Öl und Mehl, der Handel floriert, die Münze prägt überreichlich - und das auch noch nach dem Verbot des Landesherrn. Immer wieder gelingt es den Ausstellungsmachern, auch Alltagsleben anschaulich darzustellen - und das mit teils neuen Funden aus dem Hauptstraßenzug oder vom ehemaligen Busbahnhof. Von dort stammen zum Beispiel Austernschalen: Delikatessen in Salzfässern vom Rhein transportiert, die sich sicher nicht jeder leisten konnte.

Ohnehin nimmt der Bereich Essen und Trinken breiten Raum ein. So sind zahlreiche Bierkrüge zu sehen, Teil eines weit größeren Fundus im Magazin, gefunden im Stiftsbereich von St.Quirin: Hier wurden die Pilgerströme im 13.Jahrhundert bewirtet. Mit Bier übrigens, das wegen seiner Wirkung auch Dollbier genannt wurde: Bevor 200Jahre später der Hopfen Bestandteil wurde, erhöhten andere Zusatzstoffe die Wirkung des Alkohols und ließen die Biertrinker kurz, aber deutlich albern werden.

Ein Trinkspruch prangt auf einem der zahlreichen Bierkrüge in der Vitrine: "Drinck vnd est, Gots nit ferges". Gut getrunken und gegessen, dabei an Gott gedacht. Damit kam man offensichtlich in der Handelsstadt gut zurecht. Zumal das Bier wie auch Öl oder Lebkuchen Exportschlager waren - ins kleine Düsseldorf, aber selbst ins mächtige Köln.

Der Volkskundler Thomas Ludewig und der Archäologe Carl Pause haben die Ausstellung im Obertor nicht nur mit neuen Funden bestückt und neue Forschungserkenntnisse verarbeitet. Die Schau "Nuyss. Das mittelalterliche Neuss" ist nun klarer gegliedert, didaktisch besser dargestellt und zudem mit einem "Erkundungsraum" auch kinderfreundlich geworden.

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