Mordprozess: Sven F. weint im Gerichtssaal

Gestern sagte auch eine Schwester des Angeklagten aus.

Neuss/Düsseldorf. Als Verteidigerin Dagmar Loosen ihrem weinenden Mandanten Sven F. ein Taschentuch anreicht, lehnt dieser ab mit der Begründung: „Ich bin doch kein Weichei.“ Am neunten Prozesstag kochen erstmals die Emotionen beim sonst so unterkühlt wirkenden Neusser Sven F. hoch, dem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf vorwirft, seinen elf Jahre alten Neffen Jörg getötet zu haben, der zu diesem Zeitpunkt bei ihm in der Wohnung lebte.

Die Verhandlung muss unterbrochen werden, als der Angeklagte jenen 5. Oktober 2017 Revue passieren lässt und über den Moment berichtet, an dem er seinen Neffen nach eigenen Angaben leblos aus der Badewanne zog.

Sven F., Angeklagter

Sven F. bleibt auch am neunten Prozesstag bei seiner jüngsten Version, dass seine Ehefrau den Jungen getötet habe — zum Prozessauftakt hatte er die Schuld noch auf sich genommen — am Dienstag ging er vor dem Düsseldorfer Landgericht noch mehr ins Detail.

So habe er zunächst die Schuld auf sich genommen, um zu verhindern, dass — bei einer gemeinschaftlichen Täterschaft beider Elternteile — „die Kinder ins Heim kommen“. Zu einem Umdenken sei er gekommen, als er die Autopsiebilder des Jungen gesehen habe. „Die Verletzungen tragen nicht meine Handschrift“, sagte der Angeklagte, der sich zunächst nicht über die Schwere der Verletzungen im Klaren gewesen sei.

Noch am Abend des 5. Oktober habe er seine Frau zur Rede gestellt, um herauszufinden, was im Badezimmer wirklich passiert ist. Seine Frau sei den Fragen zunächst ausgewichen, habe im Laufe des Gesprächs jedoch zugegeben, Jörg geschlagen und später auch mit heißem Wasser übergossen zu haben. Doch diese Version würde noch immer nicht alle Verletzungen des Jungen erklären, die auf seinem gesamten Körper zu finden waren.

Am Dienstag sagte nun eine Schwester des Angeklagten aus, die gesehen haben will, wie Jörg Tage vor der Tat auf dem Schulhof von fünf Jugendlichen verprügelt worden war. Diese hätten ihn minutenlang geschlagen und getreten, ehe ein Lehrer dazwischen gegangen sei. Sie habe zwar durch den Zaun gerufen, dass die Jungen die Angriffe stoppen sollen, doch ihr Appell sei erfolglos geblieben. Jörg habe ihr später erzählt, dass es sich bei den Jungen, die ihn verletzt hatten, um Klassenkameraden des Jungen gehandelt habe.

Der Prozess wird am kommenden Montag, 2. Juli, fortgesetzt. Noch in derselben Woche könnte das Gericht ein Urteil sprechen. jasi

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