„Lukas“ rettet winzige Frühchen

Die Drillinge können das Krankenhaus bald gesund verlassen.

Neuss. Die Perspektive schien klar, als Helene, Marlena und Lydia im März per Not-Kaiserschnitt auf die Welt geholt wurden. 15 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geboren, lagen die drei Frühchen nur „hart oberhalb der Grenze zur Lebensfähigkeit“, berichtet Rüdiger Wentzell, leitender Arzt der Kinderintensivstation am Lukaskrankenhaus. Rein statistisch würde ein Geschwisterchen sterben, eines vielleicht behindert bleiben. Doch was weiß schon die Statistik! Alle drei sind gesund, haben ihr Geburtsgewicht fast vervierfacht und können bald mit ihren Eltern Nadine und Rafael Galenzok nach Hause.

„Lukas“ rettet winzige Frühchen
Foto: Lukaskrankenhaus

Glück gehabt. Auch das gehört dazu, gibt Wentzell zu. Denn die Mädchen waren nicht nur viel zu früh gekommen, sondern auch „Mehrlinge“— bei denen schon im Bauch der Mutter alles durch drei geteilt wurde. Doch diesen nach Wentzells Angaben unbestreitbar gravierenden Risikofaktoren standen auf der Habenseite einige Pluspunkte gegenüber.

Zunächst, dass alle drei Kinder Mädchen sind. Denn die entwickeln sich auch im Mutterbauch schneller als Jungen. Vor allem aber half ihnen das Engagement der Eltern, die in den vergangenen Monaten nie in ihrer Fürsorge nachließen und denen Ärzte und Pfleger eine „unglaubliche Tapferkeit“ bescheinigen, „Krisen mit einem Optimismus zu bewältigten, der uns sprachlos gemacht hat“. Letzter Pluspunkt: die moderne Medizin. Das Lukaskrankenhaus wirbt damit, dass Kinderklinik und Geburtshilfe der Frauenklinik zusammen ein Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe bilden. Dass es kein leeres Versprechen ist, bewies das Haus schon im Moment der Not-OP, die durch einen Blasensprung nötig wurde. Frühchen-Drillingsgeburten zu versorgen, stelle eine logistische Herausforderung dar, erklärt Dominik Garcia Pies, leitender Arzt der Geburtshilfe, der zur richtigen Zeit alle nötigen Helfer zusammen hatte. Und die Herausforderung wurde nicht kleiner. Mit ihren Inkubatoren belegten die drei Mädchen die „Familien-Suiten“ des Hauses — auf der Kinderintensivstation (K 11), dann auf der „Großwerdestation“ ( K 12).

An der Betreuung der Mädchen kann Wentzell, seit mehr als 30 Jahren Kinderarzt und ein erfahrener Neonatologe, die Entwicklung in seinem Fach aufzeigen. Die Kinder lebend nach Hause zu bekommen, das, so der Mediziner, „Überlebenlassen“, funktioniere in der Regel gut. Deswegen habe sich der Fokus verschoben und läge heute auf Lunge und vor allem Gehirn.

Der Ernährung wird viel Gewicht beigemessen, um das kindliche Hirn mit genug Kalorien und Nährstoffen zu versorgen. Hinzu kommt, die Pflege so zu gestalten, dass die neurologische Entwicklung, das Reifen und Verbinden der Nervenzellen, gefördert wird. Taghelle Räume, offene und einsehbare Inkubatoren oder ein hoher Geräuschpegel sind längst als Negativreize und Stressfaktoren ausgemacht und aus der K 11 verbannt. Dort prägen leise Töne und gedämpftes Licht die Atmosphäre — fast wie im Mutterleib.

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