Lebenslange Haft für Lindlar-Mörder

Täter soll auf sein Opfer eingestochen haben.

Dormagen. Es ist eine ungewöhnliche Szene, die sich am Mittwochnachmittag in Saal 29 des Kölner Landgerichts abspielt. Der Vorsitzende Richter will gerade das Urteil begründen, alle im Saal stehen, da fällt der Angeklagte ihm ins Wort: „Kann ich bitte eine Erklärung verlesen?“ sagt der Hackenbroicher. Dass der Vorsitzende ihn gerade wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt hat, ist vermutlich komplett an ihm vorbeigegangen. Seine Angehörigen weinen hinten auf den Zuschauerbänken, sie haben das „lebenslang“ gehört. Die Kammer gewährt dem Angeklagten ein letztes Mal Gehör. Eigentlich hätte der 48-Jährige alles, was er zu sagen hat, nach der Beweisaufnahme sagen müssen, in seinem letzten Wort.

Nun möchte er eine Art Teilgeständnis ablegen — was er eigentlich schon während der Verhandlung getan hat. „Es war Notwehr, aber der zweite Stich war unnötig, das ging über Notwehr hinaus“, sagt der gerade Verurteilte. Dann versteigt er sich zu den unterschiedlichsten Versionen. Am Ende versichert ihm der Vorsitzende: „Alles, was Sie sagen wollten, ist angekommen.“ Am Urteil ändert der Exkurs nichts.

Die Schwurgerichtskammer hält die Notwehr-Version des Angeklagten für „in weiten Teilen nachträglich konstruiert und nicht glaubhaft“ und ist davon überzeugt, dass der Hackenbroicher seinen 30 Jahre alten Bekannten nach einem Streit um Drogengeschäfte am 10. Januar 2016 erstochen und die Leiche in einem Wald an der Landstraße 84 bei Lindlar verscharrt hat. Dabei half ihm ein Kumpel, der später zur Polizei ging.

Im April vergangenen Jahres entdeckte ein Reporter vom Express, an den der Mitwisser sich ebenfalls gewandt hatte, den Toten in einem Erdloch. Am Tatabend saßen die beiden im Auto des Angeklagten, der einen Fahrerwechsel vorschlug, und seinen Bekannten in einer Seitenstraße hinter dem Auto angriff. Dass er dem Toten später den Kopf abschneiden wollte, was ihm allerdings nicht gelang, begründete der Angeklagte damit, dass das Gesicht von weitem zu sehen gewesen sei im dunklen Wald. Der Vorsitzende sagt dazu: „Den Kopf hätte man auch tarnen können.“ Die Kammer geht vielmehr davon aus, dass der 48-Jährige zu 100 Prozent sicher gehen wollte, dass sein Opfer tot ist. „Es zeigt den unbedingten Vernichtungswillen des Angeklagten.“

Dieser hatte angegeben, sein Kumpel habe ihn erpresst und ihn mit dem Messer angegriffen. Doch die Kammer glaubt seiner Notwehr-Version nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort