Kurssturz: RWE-Aktien abschreiben?

Landschaftsverbandschreibt Millionen ab, Stadt und Kreis passen nicht an.

Neuss. 28,19 Euro: So wurde am Mittwochnachmittag die RWE-Stammaktie gehandelt. Einen drastischen Wertverlust müssen die Papiere des Energieversorgers schon seit geraumer Zeit hinnehmen. Betroffen sind auch die Kommunen; die Wertverluste aber werden in der Regel nicht abgeschrieben.

Anders beim Landschaftsverband Rheinland. Der Kommunalverband, der Aufgaben in der Behinderten- und Jugendhilfe und in der Psychiatrie und Kultur erfüllt, verfügt über die stolze Zahl von fast 1,8 Millionen Stammaktien. Die stehen in der Eröffnungsbilanz vom 1. Januar 2007, als auf das neue Finanzsystem umgestellt wurde, mit 68,39 Euro in den Büchern: Das summiert sich auf mehr als 122 Millionen Euro. Nun hat der Landschaftsverband im Haushaltsentwurf einen ungewöhnlichen Schritt getan und eine Abschreibung in Höhe von fast 42 Millionen Euro angekündigt.

Damit, so sagt Jürgen Wilhelm als Vorsitzender der Landschaftsversammlung Rheinland, werde „dem in der Gemeindehaushaltsverordnung formulierten Vorsichtsgebot Rechnung getragen“. So soll dem Risiko „einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung“ im Anlagevermögen begegnet werden. Der LVR geht nun von einem Wert von 45 Euro je Aktie aus. Der aktuelle, noch deutlich darunter liegende Kurswert, so Wilhelm, spiegele nicht den tatsächlichen Wert der RWE-Aktie.

Die Abschreibung ist umstritten, denn sie wirkt sich im Ergebnis aus, ist „umlagerelevant“: Auf die ein oder andere Art werden die Kommunen und Kreise das zu spüren bekommen.

Die allerdings verfügen aus alter Tradition auch selbst über Aktien des früher mehrheitlich kommunalen Energieriesen. So ist es auch in Neuss. Zwar wurden Mitte der 90er Jahre, als die Stadt drei Jahre lang in den Zwängen der Haushaltssicherung steckte, reichlich Aktien verkauft. 87 000 Stammaktien aber sind noch übrig geblieben. Mehrere Versuche der Grünen, einen Verkauf anzuregen, scheiterten.

In der städtischen Eröffnungsbilanz von Januar 2007 ist ein Wert von 5,9 Millionen Euro ausgewiesen, 75,50 Euro je Aktie wurden — entsprechend dem niedrigsten Kurs der drei Monate vor Bewertungszeitpunkt — festgesetzt. Würde die Stadt jetzt verkaufen, bekäme sie gerade einmal 2,3 Millionen Euro.

Anpassen will die Verwaltung den Wert allerdings nicht. „Man muss nicht abschreiben, jedenfalls vorläufig nicht“, sagt Kämmereileiter Norbert Kuhnert, dies hätten auch die Wirtschaftsprüfer bestätigt. Falls der Aktienwert dauerhaft niedrig bleibe, müsse angepasst werden. „Wir gehen aber von einer Steigerung aus.“

Beim Thema des Umgangs mit RWE-Aktien sind Stadt und Kreis übrigens einmal einer Meinung. Der Kreis hält knapp 150 000 Aktien, die im Betriebsvermögen des Lindenhofs stecken. Eine Abschreibung ist nicht vorgesehen.

Im Neusser Rathaus tröstet man sich angesichts der Aktienwerte mit der zu erwartenden Dividende. Die lag im Jahr 2010 immerhin bei 273 000 Euro. „Die Rendite ist relativ konstant. Wir können 2011 wohl mit einer ähnlichen Summe rechnen“, sagt Kuhnert.

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