Kirche will sich neu aufstellen

Im Neusser Süden sind bereits mehrere Projekte angelaufen.

Kirche will sich neu aufstellen
Foto: woi

Neuss. Im Neubaugebiet Allerheiligen will Kirche neu Fuß fassen. „Da muss was passieren“, sagt Michael Linden, der das Projekt einer „Gemeindegründung“ übernommen hat. Wie diese Gemeinde aussehen soll, die sicher über keine eigene Kirche verfügen wird, das weiß auch der Diakon nicht. Er will sich daher erst einmal auf die Straße stellen, um mit den Menschen über die Frage ins Gespräch zu kommen: „Wie oder was kann Kirche sein?“

Die Seelsorgebereiche „Neusser Süden“, die so genannten Apostelgemeinden, und „Rund um die Erftmündung“ wurden Ende 2016 zu einem Sendungsraum mit insgesamt acht Gemeinden vereinigt. An dessen Spitze steht Pastor Willi Klinkhammer mit seinem Pastoralteam. Noch. Bistumsweit werde erwartet, dass die Zahl der hauptamtlichen Seelsorger in den nächsten nicht einmal zehn Jahren noch einmal um 50 Prozent einbricht, schreibt Klinkhammer in einem Pfingstbrief an die Gemeinde, mit dem das Pastoralteam die Gemeinden zu deren Mitgestaltung einladen will.

Diese Zukunft heißt nämlich: Mitverantwortung. Sie heißt aber auch: Neues ausprobieren. „Wir werden traditionelle Felder abgeben, um Freiräume zu schaffen, Kirche neu zu beleben“, sagt Linden. Dazu dient das Projekt „Kirchliches Leben in Allerheiligen“ oder ein Projekt in Derikum, wo die Menschen — angesichts der dort spürbaren sozialen Probleme — Kirche eher als Unterstützer erfahren sollen. Neu ist auch ein Angebot mit dem Arbeitstitel „Mittagsgebet im Bauhaus“. Dahinter steckt die Idee, an Orten des Alltags — wie in Büros oder Supermärkten — Kirche präsent zu machen. Etwa durch Einladung zum Gebet. „Wir wollen einfach mal stören“, sagt Linden.

Eineinhalb Jahre Vorbereitung stecken in diesem „Labor für eine Kirche der Zukunft“. Dass der Kurs richtig ist, unterstrich zwischenzeitlich die Tatsache, dass im Pfarrverband „Rund um die Erftmündung“ die Pfarrgemeinderatswahl ausfallen musste, weil sich nicht genug Bewerber fanden. Als Reaktion darauf wurde nicht einfach nur eine neue Kandidatensuche gestartet, sondern ein Alternativkonzept entwickelt. Das wirbt um Engagement — ohne dass man sich für längere Zeit an ein Amt binden muss.

Mit dem Pfingstbrief wurde dieses Angebot wiederholt. Im Pastoralteam seien die Aufgaben neu verteilt worden, schreibt Klinkhammer, der seinem Brief eine „Aufgabentabelle“ hinzugefügt hat. Die wenigsten Aufgaben dabei sind alleinige Sache der Seelsorger, viel mehr sollen Haupt- und Ehrenamtliche in geteilter Verantwortung leisten. Darunter sind auch die Felder gefasst, aus denen sich das Pastoralteam künftig zurücknehmen könnte. Die Gemeinden müssten dann entscheiden, ob ihnen das Thema weiter wichtig ist, sagt Linden. So lange bleibe das Pastoralteam „das Netz unter dem Hochseil“. Doch immer mehr Aufgaben werden auch ganz in die Hände von ehrenamtlichen Laien gelegt.

„Wir versuchen, uns an die Ursprünge des Christentums zu halten“, sagt Linden. „Es kommt offenbar weniger auf unsere Zahlen an, als auf unser frohes Überzeugtsein“, ergänzt Pfarrer Klinkhammer.

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