Kaarster Flüchtling findet einen Arbeitsplatz als Ingenieur

Housam Dibeh freut sich, dass er jetzt Steuern zahlen kann.

Kaarster Flüchtling findet einen Arbeitsplatz als Ingenieur
Foto: Anja Tinter

Kaarst. Zwei Herzen schlagen in seiner Brust — so fühlt sich Housam Dibeh zur Zeit. Der syrische Flüchtling, der seit Oktober 2015 zunächst in der Turnhalle an der Bussardstraße, dann in dem Modulbau an der Wattmannstraße und zuletzt mit einem anderen Syrer in einer kleinen Wohnung an der Rurstraße lebte, hat gestern Kaarst verlassen. Sein Ziel: das Helmholtz-Zentrum in Geesthacht bei Hamburg, wo der 29-Jährige morgen seine neue Anstellung als Ingenieur und Datenspezialist antreten wird.

Housam Dibeh. Flüchtling aus Syrien

Dibeh ist stolz, denn er hat es geschafft. Zunächst hat er die sogenannte B1-Sprachprüfung absolviert, im Mai vergangenen Jahres den subsidiären Schutz erhalten und bereits nach zehn Bewerbungen Erfolg gehabt. „Ich freue mich sehr auf meinen neuen Job“, erzählt er. „Deutschland hat mir so viel Gutes getan und so viel in mich investiert. Jetzt kann ich endlich etwas zurückgeben und auch Steuern zahlen.“ Dennoch fällt ihm der Abschied schwer. „Ich habe hier so viele nette Menschen kennengelernt, die mir sehr geholfen haben“, sagt Dibeh.

Eine der vielen Helferinnen ist Irene Harenberg. Die 78-Jährige hat mehrmals pro Woche in der Turnhalle Bussardstraße den 35 Männern, die noch im vergangenen Jahr dort untergebracht waren, bei der Ausgabe der Mahlzeiten geholfen. „Housam war mein erster Kaffeegast“, erinnert sich Harenberg, die etliche der Flüchtlinge zudem beim Deutschlernen unterstützt hatte. So manches Mal wurde die resolute Dame in der Turnhalle auch erzieherisch tätig. Unmissverständlich gab sie den Männern, die aus Marokko, Algerien, Albanien, Pakistan oder Syrien kamen, zu verstehen, was sie wegräumen oder putzen sollten. Toast und Tee gab es erst, wenn alles sauber war. Bei Housam Dibeh hatte sie nie streng sein müssen. „Er zählte zu den Fleißigsten und Freundlichsten“, sagt die ehrenamtliche Helferin.

Daher verwundere es sie auch nicht, dass er erst die Deutschprüfung geschafft und anschließend auch einen guten Job gefunden hat. Ein wenig Sorge hat Dibeh dennoch: „Ich werde ganz allein in Geesthacht sein. Dort kenne ich niemanden.“ Dagegen sei Kaarst schon fast Heimat für ihn. Von Mitarbeitern der Volkshochschule hat er eine Abschiedskarte bekommen, als Dank für seine Unterstützung. „Ich habe meinen Landsleuten geholfen beim Übersetzen, beispielsweise bei Arzt- oder Behördenbesuchen“, erzählt er.

Schlechte Erfahrungen habe er nie gemacht, erklärt Dibeh und fügt hinzu: „Es ist sehr schwierig für uns, wenn syrische Landsleute oder andere Menschen aus dem arabischen Raum schreckliche Taten hier begehen.“ Umso mehr schätze er es, dass in Kaarst und in Deutschland weiterhin so viele Flüchtlingshelfer engagiert seien.

Denn eine Perspektive sei nur möglich, „wenn man die Sprache, das Land, die Politik und die Gesellschaft versteht“, sagt Dibeh, der Ende des Jahres 2014 seine Heimatstadt Tartous an der Grenze zum Libanon verlassen hatte und sich jetzt in Deutschland ein neues Leben aufbauen will.

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