Kaarst: Steinzeit-Rastplatz an der A57

An der Autobahn stießen Archäologen auch auf Zeugnisse der Eisen- und Bronzezeit.

Kaarst. Wo heute jeden Tag zahlreiche Autos von der A57 nach Holzbüttgen abfahren, befand sich vor Jahrtausenden vermutlich ganz in der Nähe eine römische Siedlung.

"Wir haben dort zwar keine Gebäudereste gefunden, aber so genannte Fundamentstickungen und Pfostenbefunde weisen darauf hin", erklärt Archäologe Rudolf Nehren, Geschäftsführer der auf archäologische Grabungen spezialisierten Firma Artemus aus Frechen.

Von März bis Mitte Juli untersuchten täglich bis zu acht Fachleute das Gebiet an der Autobahn, wo im Rahmen der Fahrbahn-Verbreiterung unter anderem Regenwasser-Auffangbecken installiert werden sollen. "Bevor diese Untersuchungen nicht abgeschlossen waren, dürften wir laut Gesetz gar nicht mit den Baumaßnahmen beginnen. Wir mussten warten", erläutert A57-Ausbauleiter Josef de Mülder.

Diese Wartezeit war nicht umsonst. Im Gegenteil: Das Grabungsareal, das sich auf einem kleinen Plateau - einer natürlichen Flugsanddüne aus der Eiszeit - befindet, erwies sich als sehr ertragreich, viele Zeugnisse metall- und steinzeitlichen Lebens wurden gefunden.

Die ältesten Funde wie Überbleibsel von Feuerstellen stammen vermutlich noch aus der späten Steinzeit, Reste von Steinwerkzeugen fanden ihren Weg wahrscheinlich aus dem belgischen Raum nach Neuss und sind über 14.000 Jahre alt. "Wahrscheinlich war hier eine Art Rast- und Beobachtungsplatz für Jäger und Sammler. Die Tiere, die sich in der Niedertrasse aufhielten, konnten von hier aus gut beobachtet werden", vermutet Nehren.

Noch ergiebiger waren die Funde, die die Archäologen an der Autobahnausfahrt aus der Bronze- und Eisenzeit (etwa 1.000 bis 3.000 vor Christus) machen konnten. So wurden zehn meist gut erhaltene Münzen mit den Portraits von römischen Kaisern wie Tiberius (14-37 n. Chr.) oder Marcus Aurelius (161-180) in den Rückständen der Trasse einer römischen Straße sowie in Brand- und Urnengräbern einer am Rand dieser Straße gelegenen römischen Siedlung gefunden.

Archäologe Johannes Englert stieß zudem auf Abfallgruben mit zerbrochener Keramik. Unter einem daneben gelegenen Ackerboden lag ein kleines Gräberfeld mit mehreren eisenzeitlichen Grabbeigaben.

Rückstände von Fahrspuren lassen vermuten, dass die "antike Autobahn" eine Bahn für Reiter und eine etwas stärker befestigte Bahn für schlechte Witterungsverhältnisse und schwere Karren hatte. "Die Straße wurde seitlich von Gräben begleitet und war etwa 20 Meter breit", sagt Nehren.Mit diesem Fund können die Archäologen erstmals die römische Straße von Neuss (Novaesium) ins Maas-Gebiet punktuell nachweisen und so ihren weiteren Verlauf rekonstruieren.

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