Ineos: Knallgeräusche sind nicht vermeidbar

Nach dem Zwischenfall mit der geplatzten Berstscheibe bezieht das Unternehmen Stellung.

Dormagen. Es passiert immer wieder, meist mehrfach im Jahr, dass beim Petrochemieunternehmen Ineos an der Dormagener Stadtgrenze zu Köln eine Sicherheitseinrichtung ausgelöst wird. Dann platzt mit ohrenbetäubendem Knall eine sogenannte Berstscheibe in einer der beiden Polymerisations-Hochdruckanlagen. Der Vorgang sorgt dafür, dass Überdruck nach oben in die Atmosphäre entweichen kann. Die gigantische Detonation sorgt indes jedes Mal wieder für erhebliche Beunruhigung in der Bevölkerung. Was stimmt da nicht, dass sich diese Vorkommnisse immer wiederholen? so die Frage, die sich nach dem jüngsten Ereignis am vergangenen Freitagabend viele Menschen stellten.

„Zersetzungen von Ethylen in den beiden Hochdruck-Polymerisationsanlagen an unserem hiesigen Standort kündigen sich leider nicht an und lassen sich auch nicht anhand der Messergebnisse vorab ermitteln“, betonten die Ineos-Unternehmenssprecher Anne-Gret Itturiaga Abarzua und Andreas Hain. Dass es in unregelmäßigen Abständen zu Detonationen komme, gehöre zum „Design“ der Anlagen, wie Itturiaga Abarzua es ausdrückte. Soll heißen: Es müsse beim Produktionsprozess in Kauf genommen werden und sei unvermeidbar. „Und normalerweise gibt es dabei auch keine Verletzten“, betonte die Sprecherin. Dass wie am Freitag 14 Menschen vorsorglich mit Verdacht auf Knalltrauma ins Krankenhaus gebracht werden müssten, sei keinesfalls die Regel. Itturiaga Abarzua und Hain verteidigten sich gestern auch gegen den Vorwurf, das Unternehmen habe zu spät mitgeteilt, dass es Verletzte gegeben habe. „Wir brauchten gesicherte Informationen und mussten uns erst einmal einen Überblick verschaffen“, sagten sie. Die Berstscheibe war um kurz nach 18 Uhr geplatzt, dass es Verletzte gab, übermittelte Ineos erst viereinhalb Stunden später.

Die Bezirksregierung Köln, die nach eigenen Angaben „regelmäßig Störfall- und Umweltinspektionen“ durchführt und die Polymerisations-Hochdruckanlagen bei Ineos „im Rahmen eines Überwachungsplans“ mindestens alle drei Jahre einer Inspektion unterzieht, hatte die jetzt betroffene Anlage nach ihrer Darstellung zuletzt im April 2016 geprüft — und tue dies außerdem stets bei Ereignissen wie der Zersetzung jetzt, teilte Sprecherin Franziska Großmann gestern mit. Und: „Die für den Fall von Zersetzungen vorgesehenen Sicherheitseinrichtungen mit der Druckentlastung über Berstscheiben sind Stand der Technik.“ In der Vergangenheit seien nach vergleichbaren Fällen Untersuchungen zur Ursache für die Zersetzung von Ethylen in der Hochdruckpolymerisationsanlage durch unabhängige Sachverständige auf Veranlassung der Bezirksregierung durchgeführt worden. Aufgrund der Untersuchungen seien Empfehlungen zur Vermeidung von Zersetzungen von Ineos umgesetzt worden. „Jedoch können Zersetzungen nicht generell ausgeschlossen werden, da es für die Einzelfälle keine eindeutige erkennbare Ursache gibt“, schreibt die Bezirksregierung.

Auch der TÜV Rheinland prüft an Chemieanlagen sowie Anlagen der Petrochemie — allerdings im „Gefahrenfeld Druck“ nicht bei Ineos, teilte der Überwachungsverein gestern mit. Grundsätzlich gelte aber: Die Prüfungen seien in der Regel sehr komplex und mit einer Anlagenstilllegung verbunden, unter Umständen liefen sie aber auch bei laufendem Betrieb (zum Beispiel Wanddickenmessungen). Auf Basis diverser Regelwerke ergäben sich eine Vielzahl von einzuhaltenden Prüfanforderungen, die der Betreiber und die hinzugezogenen Spezialisten beachten müssten, berichtete der TÜV Rheinland.

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