Hygieneampel gefällt nicht jedem

Kreis bemängelt fehlende Fachkenntnis in einigen kleinen Betrieben.

Neuss. Bei Ursula Spicker ist mittags der Laden voll. Die Inhaberin von „Curry am Büchel“ hat alle Hände voll zu tun. Das hätte sie auch noch, wenn das Land die umstrittene Hygieneampel einführen würde, da ist sie sich sicher.

Gerade wird das Ampel-System für zwei Jahre in Bielefeld und Duisburg getestet. Nach der Testphase könnte es verbindlich in ganz NRW eingeführt werden. „Wir haben nichts zu verbergen. Es ist alles sauber“, sagt Spicker. Der Imbiss hat eine offene Küche, jeder Gast kann sich von der Sauberkeit der Arbeitsflächen überzeugen.

Die Ampelzeichen — grün steht für einwandfreie Sauberkeit, gelb für eher schmuddelig und rot für „geht gar nicht“ — vergeben die Kontrolleure des Gesundheitsamts, das üblicherweise etwa einmal im Jahr kontrolliert. Das Amt sieht die Einführung des Bewertungssystems allerdings kritischer als so mancher Gastronom in der Neusser Innenstadt.

„Die Standardisierung ist ein großes Problem“, sagt Frank Schäfer, Leiter des Lebensmittelüberwachungsamts des Rhein-Kreises Neuss. „Ein kleines Unternehmen muss anders bewertet werden als eine Großküche.“ Ein Beispiel: getrennte Toiletten für Mitarbeiter. Eine Dönerbude, die wegen Platzmangels nicht zwei Toiletten unterbringen kann, müssten die Lebensmittelkontrolleure nach dem Ampelsystem bereits abstufen, egal wie sauber die Küche ist und wie frisch die Speisen sind.

Andererseits sind es laut Schäfer vor allem diese kleinen Betriebe, in denen es Probleme mit der Sauberkeit gibt. Dazu komme: „Die Fachkenntnis über Gastronomie fehlt viel zu oft“, sagt Schäfer. „Da meldet einer ein Gewerbe an und eröffnet einen Imbiss, ohne Ausbildung oder Vorkenntnisse.“ Wer eine Alkoholausschanklizenz erwerben will, muss zumindest noch einen Lehrgang bei der IHK machen, so Schäfer.

Für Verbraucher könnten die Aufkleber an Restauranttüren auch durchaus positiv sein. „Ich arbeite seit 18 Jahren in der Gastronomie und habe schon viele katastrophale Küchen gesehen.“ Göksenin Konakci ist Inhaberin des Cafés „Eigenart“ an der Krämerstraße. Sie würde die Einführung einer einheitlichen Hygieneampel begrüßen. Auch im „Eigenart“ ist die Küche direkt hinter der Theke und für alle Gäste einsehbar. „Der Trend geht zu offenen Küchen“, sagt Schäfer. „Das finde ich natürlich gut.“

In die Kühlschränke kann der Gast trotzdem nicht schauen. Kühltemperatur, Herkunft und Haltbarkeit der Speisen müssen genau dokumentiert werden. Die Mitarbeiter des Gesundheitsamts kontrollieren unangekündigt und unregelmäßig. Je nach Mangel muss der Wirt einer Nachkontrolle zustimmen. Die kann teuer werden. Ab 350 Euro Bußgeld muss er je nach Aufwand an das Gesundheitsamt zahlen.

Dem Wirt müsse man als Gast auch einfach mal vertrauen, so die Meinung von Giovanni Azizi vom italienischen Restaurant „da Michele“ an der Münsterstraße. „Die Kontrollen vom Gesundheitsamt reichen doch vollkommen aus.“ Einen Pranger wie die Ampel brauche doch wohl niemand.

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