Hilgers fordert Rechtsanspruch auf Frühe Hilfen

Der Dormagener, Präsident des DKSB, begrüßt die Pläne, das Kinderschutzgesetz zu reformieren.

Hilgers fordert Rechtsanspruch auf Frühe Hilfen
Foto: Gerhard Seybert

Dormagen. Mit dem „Dormagener Modell“ hat sich das Jugendamt einen Namen beim Kinderschutz gemacht. „Die Situation in Dormagen ist positiv, das hiesige Modell funktioniert nach wie vor. Ich bin guter Dinge, dass es zukünftig nicht durch die Politik beschnitten wird, das wäre ja fahrlässig“, erklärt der Dormagener Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB). Vor allem bundesweit ist jedoch noch viel Luft nach oben. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) verkündete jetzt, dass sie das Bundeskinderschutzgesetz von 2012 reformieren wolle, um Minderjährige besser zu schützen. „Wir haben ein gutes Kinderschutzgesetz, aber es reicht noch nicht“, bilanzierte die Ministerin. Das Bundeskabinett hat den Bericht zur Evaluation des Gesetzes beschlossen. Jedes Kind habe ein Recht darauf, sicher aufzuwachsen, urteilt Schwesig.

Heinz Hilgers, DKSB-Präsident

Die Evaluierung hat vor allem gezeigt, dass sich die Akteure im Kinderschutz besser vernetzt haben, zudem wurden mehr Hilfsangebote für Eltern geschaffen. An Zahlen des Statistischen Bundesamtes lässt sich das für die gesamte Bundesrepublik allerdings nicht ablesen: Jugendämter führten im vergangenen Jahr etwa 124 000 Verfahren zur Einschätzung der Gefährdung des Kindeswohls durch — ein Anstieg um 7,4 Prozent zum Vorjahr. „Eine positive Veränderung kann es nur geben, wenn der präventive Kinderschutz in Rechtsansprüchen auf Frühe Hilfen und die unabhängige Beratung aller Kinder mündet“, betont DKSB-Präsident Heinz Hilgers: „Einen Rechtsanspruch auf Frühe Hilfen hat Schwesig nicht angekündigt, das ist bedauerlich. Wir werden ihn erneut fordern.“

Hilgers begrüßt aber grundsätzlich, „dass die Familienministerin eine umfangreiche Reform der Kinder- und Jugendhilfe angekündigt und dabei auch die richtigen Eckpunkte benannt hat“. Die Rechte von Pflegekindern sollen in Zukunft gestärkt, einschlägig Vorbestrafte besser von der Jugendarbeit ausgeschlossen werden. Bei Problemen in Familien soll unbedingt frühzeitig gehandelt werden. Städte und Gemeinden sollen dafür jährlich mit 51 Millionen Euro unterstützt werden. „Der DKSB wird sich engagiert in den Reformprozess einmischen“, sagt Heinz Hilgers, merkt jedoch auch an: „Ich freue mich immer zweimal: Das erste Mal, wenn was versprochen wird, das zweite Mal, wenn ich die Details im Gesetzesentwurf lesen kann.“

Seit 2012 müssen Mitarbeiter in Vereinen und anderen Organisationen ein Führungszeugnis vorlegen. Schwesig betont, dass pro Jahr 100 einschlägig Vorbestrafte abgewiesen worden seien. Die Ministerin möchte diesen Bereich ausweiten: Nicht nur Personen, die sexuell straffällig geworden sind, sollen von der Arbeit mit Kindern ausgeschlossen werden, sondern auch Menschen, die sich wegen schwerer Körperverletzung oder eines Tötungsdeliktes strafbar gemacht haben. Die Reform soll auch Berufsgeheimnisträgern mehr Möglichkeiten geben, das Jugendamt bei einer Gefährdung zu informieren.

Der Grundgedanke beim „Dormagener Modell“ ist die intensive Begleitung von Familien — vom „Baby-Begrüßungspaket“ über die gezielte Förderung im Kindergarten bis hin zu Hausbesuchen der Grundschullehrer und Nachmittagsbetreuung an Schulen. Im September hat das Jugendamt eine Kooperationsvereinbarung mit der Ombudschaft der Jugendhilfe NRW unterzeichnet — eine externe Beschwerdestelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Die Stadt — eine Präventions-Vorzeige-Kommune — habe Hilgers zufolge „deutschlandweit mit die meisten präventiven Hilfen“. Der Erfolg ist messbar: 2012 waren es 495 Stunden, in denen Kinder aus ihren Familien genommen werden mussten, 2014 nur noch 220 Stunden.

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