Haft für Lindenplatz-Schützen

Weil er seiner Stieftochter in die Schulter geschossen haben soll, ist ein Neusser zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Haft für Lindenplatz-Schützen
Foto: jasi

Neuss/Düsseldorf. Der Angeklagte nahm das Urteil regungslos zur Kenntnis: Wegen gefährlicher Körperverletzung ist ein 47 Jahre alter Neusser gestern vor dem Düsseldorfer Landgericht zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dem Mann wird vorgeworfen, seine Stieftochter am 4. Oktober 2017 auf offener Straße in Weckhoven angeschossen zu haben.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte in ihrem Plädoyer neun Jahre Haft für den Neusser gefordert. Zu Prozessbeginn lautete ihr Vorwurf noch Mord aus niedrigen Beweggründen und lebensgefährliche, körperliche Misshandlung mittels einer Waffe. Da sich nach der Tat aber noch Munition in der Schusswaffe befand und der Neusser im Laufe des Angriffs von seinem Opfer abließ, als Zeugen sich schreiend bemerkbar machten, legt die Staatsanwaltschaft die Tat als gefährliche Körperverletzung aus.

„Der Täter hat den Tod der Geschädigten aber zumindest billigend in Kauf genommen. Die Folgen des Angriffs waren zu keinem Zeitpunkt kontrollierbar“, sagte Staatsanwältin Britta Zur, die das Vorgehen des Neussers als „supergefährlich und superbrutal“ bezeichnete. Als strafmildernd nannte Richter Markus Immel unter anderem den Umstand, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei und gestanden habe, die Schusswaffe eingesetzt und auf die Schulter des Opfers gezielt zu haben. „Es ist unklar geblieben, was die Tochter mit all dem zu tun hat“, sagte Immel. Schließlich hätten sich im Laufe der Beweisaufnahme keine besonderen Konflikte zwischen mutmaßlichem Täter und der Geschädigten herauskristallisiert.

Britta Zur, Staatsanwältin

In der Anklage wird die Tat so rekonstruiert: Der Angeklagte trifft an jenem Mittwoch um circa 15.30 Uhr auf seine Noch-Ehefrau (beide leben getrennt), die gerade den gemeinsamen Sohn von der Schule abholt. Es kommt zum Streit zwischen dem früheren Paar, in dem der Verdächtige gedroht haben soll, „die ganze Familie auszulöschen“. Nach der verbalen Auseinandersetzung soll die Frau zur Polizei gegangen sein. Währenddessen soll sich der Angeklagte auf den Weg zur Wohnung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau gemacht haben. Auf der Straße soll er mehrere Schüsse auf die Tochter abgegeben haben, verfehlte sie jedoch zunächst. Die Frau versuchte zu fliehen, am Lindenplatz soll der mutmaßliche Täter dann weitere Schüsse abgegeben haben, wovon einer die Schulter seiner Stieftochter traf.

Als Grund für sein Handeln hatte der Angeklagte in seiner von Verteidiger Gottfried Reims vorgelesenen Einlassung betont, dass er die Situation, den gemeinsamen Sohn nur noch selten sehen zu dürfen, schlichtweg nicht verkraftet hätte. Er sei depressiv gewesen und habe sowohl Alkohol- als auch Drogenprobleme gehabt. Als der Angeklagte und seine Ehefrau noch zusammen wohnten, lebte das Opfer mit seinen Geschwistern zwar im selben Gebäude, jedoch in verschiedenen Wohnungen. Das Verhältnis zu dem Noch-Ehemann ihrer Mutter sei nach Angaben des Opfers stets unterkühlt gewesen.

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