Gesellschaft „Carolus“ stellt sich neu auf

Ein neuer Vorstand ist gewählt, nun soll über die Ausrichtung der Gesellschaft diskutiert werden. Dabei kommt alles auf den Prüfstand — auch der traditionelle Galaball.

Gesellschaft „Carolus“ stellt sich neu auf
Foto: Anja Tinter

Kaarst. Der traditionelle Galaball der Gesellschaft „Carolus“ zu Karneval war wie immer glänzend organisiert, die Gäste amüsierten sich hervorragend — nur zieht die Veranstaltung seit Jahren immer weniger Besucher an. „In der Vorbereitung steckt viel Liebe und Engagement von Hans-Peter Grabowski und Volker Zachel. Da ist es schade, wenn das nicht entsprechend honoriert wird“, sagt Raimund Franzen, neuer Vorsitzender der Gesellschaft.

Er will damit zugleich eine Diskussion anstoßen. „Brauchen wir vielleicht eine andere Ausrichtung?“, formuliert er die Kernfrage. Der will er mit seinen Vorstandskollegen bei einer Klausurtagung im Juni auf den Grund gehen. Und bei dieser Gelegenheit ohne Denkverbote und Tabus alles, ganz gleich wie etabliert und liebgewonnen, auf den Prüfstand stellen. Das Ziel: die Traditions-Gesellschaft für jüngere Mitglieder attraktiver und somit zukunftsfähig zu machen.

Der Generationenwechsel im Vorstand ist bereits vollzogen. Auf der Jahreshauptversammlung der Gesellschaft „Carolus“ ist eine Ära zu Ende gegangen: die Ära „Grabowski“. Nach 33 Jahren im Vorstand, davon 29 Jahre als Vorsitzender, entschied der 75-Jährige, dass die Zeit gekommen sei, die Aufgabe in jüngere Hände zu legen. Einen Nachfolger hat er in Raimund Franzen gefunden. Der 52-jährige Sparkassen-Betriebswirt und stellvertretende Unternehmenssprecher der Sparkasse Neuss wird im Vorstand von seinem Stellvertreter Roland Fußbahn (50), Geschäftsführer Matthias Molzberger (31) sowie Schatzmeister Volker Zachel (71) unterstützt — im Schnitt hat sich die Carolus-Spitze also deutlich verjüngt.

„Wie in vielen anderen Vereinen macht sich aber auch bei uns der demografische Wandel bemerkbar“, sagt Franzen, „es wird zunehmend schwierig, Leute zum Mitanpacken und Mitmachen zu finden“. Bei allem Respekt vor der Leistung der Vorgänger will er die Gesellschaft darum behutsam modernisieren — und zugleich dem Brauchtum verbunden bleiben. „Da stellt sich aber auch gleich die Frage: Wie definiert sich Brauchtum?“, gibt er zu bedenken.

Nicht die einzige Frage, die er und seine Vorstandskollegen sich stellen werden. „Zunächst geht es darum, wer wir sind“, sagt Franzen. „Da könnte man natürlich sagen: Schauen wir doch mal in die Satzung“, führt er lachend aus, „aber vielleicht sind die dort festgeschriebenen Ziele nicht mehr die, die auch Publikum anziehen“. Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Welche Traditionen können „mit gutem Gewissen“ weiter betrieben werden? Von welchen sollte man sich trennen?

Immerhin: Die Gesellschaft „Carolus“ erfand sich in der Vergangenheit mehrmals neu. „Das Image des Karnevalsvereins haben wir schon vor Jahren abgelegt und uns mehr der Historie gewidmet“, sagt Hans-Peter Grabowski, der 2010 die 200-Jahr-Feier des Nordkanals mitorganisiert hat. Die intensive Beschäftigung mit der Kaarster Stadtgeschichte — die kann sich auch Franzen als ein wichtiges Betätigungsfeld der neu aufgestellten Gesellschaft vorstellen.

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