Dormagen: „Peking war ein Lebenstraum – nur besser“

Der Ex-Tischtennisprofi Adel Massaad punktet jetzt im Volleyball für den TSV Dormagen.

Dormagen. Adel Massaad ist ein Ausputzer, ein Mann, der einspringt, wenn es brenzlig wird. Als Libero kratzt er die Bälle vom Boden, stärkt die Defensive. Jetzt startete Massaad mit seinem neuen Verein, dem Volleyball-Verbandsligisten TSV Dormagen, erfolgreich in die Saison. Die Dormagener fegten gerade erst Gegner Alemannia Aachen mit 3:1 vom Platz.

Der Medizin-PR-Experte investiert viel in seinen Sport: zweimal in der Woche trainiert er am Höhenberg, achtet auf eine gesunde Ernährung, raucht nicht, trinkt nicht. Doch das Besondere ist sein Alter. Mit 44 Jahren qualifizierte sich der 1,78 Meter große Deutsch-Ägypter für die Olympischen Spiele 2008 und startete als Senior seiner Sportart in Peking - allerdings im Tischtennis. Dabei hatte er zwischendurch mit dem Leistungssport aufgehört und sich ganz auf seine Familie, das BWL-Studium und die PR-Arbeit konzentriert. Und auch jetzt, zwei Jahre später, will er es als 46-Jähriger noch einmal wissen - und zwar nicht in seiner Paradedisziplin, dem Tischtennis, sondern im Volleyball.

Mit der Schulmannschaft wurde er deutscher Vize-Meister, seine ganze Familie war volleyballverrückt - und schon als Junge zog sich Massaad Gewichtswesten an, sprang in die Höhe an die Küchenuhr, um seine Sprungkraft zu verbessern.

Wie kam es zu Comeback Nummer 2? "Das war Zufall. Ich saß vor einem Monat in Dormagen in einer Eisdiele und las ein Schild, dass der TSV noch Spieler sucht", erzählt der 46-Jährige. "Da hat es mich gepackt. Dinge, wie die mit dem Ehrgeiz, ändern sich nie", betont der Sportler. "Ich habe das Ballgefühl mit der Muttermilch aufgesogen", sagt er unverhohlen. "Früher war man mit 30 Jahren im Sport alt, heute ist das nicht mehr so." Dass sich ein höheres Alter und beeindruckende sportliche Leistungen nicht ausschließen, davon ist Massaad überzeugt.

Was man mit 46 Jahren noch leisten könne?, fragt er rhetorisch und gibt sich selbst die Antwort: "Die Regenerationszeit hat sich verlängert. Man muss den Körper pflegen, sich immer aufwärmen, sonst ist man schnell verletzt." Fitter als manch 20-Jähriger fühle er sich trotzdem. Denn ein Leben ohne den Sport kann sich der gebürtige Moerser nicht vorstellen. "Als Libero muss man immer damit rechnen, dass der Ball auf einen zukommt", erklärt er, "die schnelle Reaktionszeit kenne ich vom Tischtennis".

Für den 46-Jährigen ist Sport mehr als die Befriedigung von Ehrgeiz und das Erreichen von Zielen: "Sport ist wie Leben, Sport kann viel vermitteln."

Massaads sportliche Karriere ist nicht nur lang, sondern auch reich an Erlebnissen. Mit dem Bruder von Jörg Roßkopf trainierte Massaad auch schon mal um 3 Uhr nachts. Er wollte international spielen, aber für das deutsche Nationalteam reichte es nicht. "Mein Vater ist Ägypter. Und eine Regelung besagte damals, dass man auch dann für das Geburtsland des Vaters spielen darf, wenn man dessen Staatsangehörigkeit nicht hat.” Damit schaffte es der Bundesligaspieler vom TTC Jülich (auch heute hilft er noch ab und an in der 2.Liga aus) in die ägyptische Mannschaft, wurde Afrika-Meister und qualifizierte sich für die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona. Doch der Sportminister ließ ihn nicht fahren, erzählt Massaad.

1996 hörte er mit dem Leistungssport auf, doch 2007 ließ er sich von Boxer Henry Maske zum Comeback inspirieren. Drei Monate nahm er eine berufliche Auszeit, trainierte hart.

Der Leistungscheck an der Uni Wuppertal fiel besser aus als bei einigen Schalke-Fußballern. Massaad schaffte die Qualifikation und fuhr mit dem ägyptischen Team nach Peking. "Das war ein Lebenstraum, nur zehnmal besser", sagt er stolz. Zwar scheiterte er am Tisch mit 2:3 an der spanischen Nummer 3 in der ersten Runde, "doch es war ein harter Kampf, ich habe gebissen". Dämpfer bei aller Euphorie: "Der Spanier beleidigte meine Mutter, ich packte ihn nach dem Spiel am Trikot. Bei sowas ruhig zu bleiben, lernst du als Sportler nicht."

Aber jetzt heißt es Gemünd statt Peking: Am 9. Oktober steht auswärts das nächste Volleyballspiel mit dem TSV Dormagen an.

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