Die „Brillen-Gangster“ schweigen

Die drei Männer, die 18 Banküberfälle verübt haben sollen, müssen sich seit gestern vor dem Düsseldorfer Landgericht verantworten.

Rhein-Kreis. Mehr als eine halbe Stunde brauchte die Staatsanwältin gestern, um vor dem Düsseldorfer Landgericht die Anklage gegen drei Männer zu verlesen, die von einer fünfköpfigen Sonderkommission der Neusser Polizei um Hauptkommissar Ulrich Jacobs als „Brillen-Gangster“ gejagt und Anfang Mai vergangenen Jahres dingfest gemacht worden waren. Unter Regie eines 43-jährigen Mönchengladbachers sollen demnach zwei Drogensüchtige (33/30) innerhalb von sechs Monaten 18 Banküberfälle zwischen Ostfriesland und dem Saarland verübt und dabei mehr als 100 000 Euro erbeutet haben. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten lag dabei im Rheinland, zwei Mal schlugen sie im Rhein-Kreis zu — und immer waren sie bewaffnet.

Die „Brillen-Gangster“ schweigen
Foto: Archiv/Polizei/wuk

Zunächst waren die Behörden von einem einzigen Serientäter ausgegangen, der die Banken stets mit auffälliger Brille und mit Käppis unter Waffenandrohung heimgesucht hat. Erst die Neusser Kripo deckte dann auf, dass es zwei verschiedene Räuber waren, die abwechselnd mit Brille und Käppi agierten — und dass beide nur die Handlanger des Haupttäters und Drahtziehers gewesen sein sollen.

Die „Brillen-Gangster“ schweigen
Foto: Archiv/Polizei/wuk

So leise und unauffällig trat der ominöse „Brillen-Gangster“ bei den Taten auf, dass Kunden und andere Bankangestellte seinen Raubzug oft nicht mal bemerkten. Meist erfuhren die überfallenen Kassierer in Twist, Unna, Mayen, Höxter, Krefeld, Mönchengladbach, Wuppertal oder Hückelhoven nur durch einen Zettel des Täters, dass dies ein Raubüberfall sei und sie mit Waffengewalt rechnen müssten. In mitgebrachte Plastiktüten füllten die Bankangestellten dann Bargeld, das teils aus durchnummerierten und registrierten Scheinen bestand. Die beiden laut Anklage abwechselnd in gleicher Verkleidung auftretenden Männer sahen sich dabei so ähnlich, dass anhand von Tatortfotos selbst Spezialisten kaum den einen vom anderen unterscheiden konnten.

Erst als nach einem Überfall in Mönchengladbach-Odenkirchen DNA-Spuren in einem Käppi sichergestellt werden konnten, dass der Täter auf der Flucht auf die Ladefläche eines Kleintransporters „entsorgt“ hatte, kam die Polizei dem Trick auf die Spur. Denn die DNA stammte von dem Haupttäter. Weil sein Aussehen aber nicht mit dem Bild aus der Überwachungskamera zusammenpasste war von dem Zeitpunkt an klar: Der „Brillen-Gangster“ ist nicht alleine. Die beiden als „Handlanger“ bezeichneten Männer haben sich schon vor Prozessbeginn in Teilgeständnissen geäußert.

Der mutmaßliche Drahtzieher, der alle Aktionen geplant, Tatorte ausgekundschaftet und mit einem Fluchtauto nahe der Bankfilialen auf den jeweils als Räuber eingesetzten Komplizen gewartet haben soll, hat bisher geschwiegen. Zum Prozessauftakt hüllten sich gestern sämtliche Angeklagte zunächst in Schweigen. Ob sich das am nächsten Prozesstag ändert, ist noch unklar. Für die Verhandlung hat das Landgericht Düsseldorf noch 25 Prozesstage eingeplant. Ein Urteil wird nicht vor Ende April erwartet.

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