Das Unternehmen Pierburg zieht aufs Case-Gelände

Traditionsreicher Zulieferer verlagert Produktion von Nettetal nach Neuss. Beschluss unter Gremienvorbehalt.

Neuss. Das Unternehmen Pierburg bleibt nicht nur am Stammsitz, sondern verlagert auch die Produktion aus Nettetal nach Neuss. Das Case-Gelände wird zum neuen Standort des Unternehmens. Die beiden Entscheidungen des traditionsreichen Automobilzulieferers unter dem Dach des Rheinmetall-Konzerns stehen zwar noch unter Gremienvorbehalt, wie auch Unternehmenssprecher Folke Heyer betont. Bürgermeister Herbert Napp sagt aber: „Wenn der Himmel nicht mehr einstürzt, werden wir Mitte Juli die Bestätigung haben.“

Damit gibt es gleich zwei für Neuss überaus erfreuliche Entscheidungen. Seit mehr als 15 Jahren liegt das Case-Gelände am Hafenbecken 1 überwiegend brach. Es gab Pläne für einen Bürostandort, die der Bürgermeister mittlerweile als „planerischen Irrtum“ abtut, es gab die sehr realistische Option des Stahl-Giganten Arcelor-Mittal, hier sein Europa-Logistikzentrum zu errichten. Nach der überraschenden Absage vor zwei Jahren war die Fläche wieder auf dem Markt. Im Mai hatte sich Pierburg das Vorkaufsrecht für das Gelände gesichert.

Das Unternehmen Pierburg wiederum trug sich seit längerem mit Überlegungen zur Konzentration von Verwaltung und Forschung an der Alfred-Pierburg-Straße sowie Produktion von Magnetventilen für Automotoren an der Düsseldorfer Straße sowie der Produktion in Nettetal-Lobberich. Dort werden Saugrohre für Automotoren, Abgas-Kühlsysteme für Pkw sowie Komponenten für Lastwagen und Offroad-Fahrzeuge produziert. Ende dieses Jahres läuft eine Vereinbarung aus, die 386,5 Arbeitsplätze am Standort Lobberich garantiert.

Noch in diesem Jahr wird nach Informationen der WZ mit der Verlagerung von Personal begonnen. Im alten Neusser Werk sollen Leiharbeiter schon in den nächsten Monaten durch Lobbericher Mitarbeiter ersetzt werden. Geplant ist insgesamt ein sukzessiver Umzug von der Nette an den Rhein. Der wird sich wohl mindestens bis zum Jahr 2015 hinziehen.

Unklar ist derzeit, wie viele Mitarbeiter mit nach Neuss wechseln — und wie viele ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Bei der Zusammenlegung von zwei Werken gebe es viele Faktoren, die man derzeit noch nicht einschätzen könne — Stichwort Synergie-Effekte. Im Raum steht, dass ein Viertel der Beschäftigten seinen Job verliert. Dazu Wolfgang Tretbar, seit 1991 Vorsitzender des Betriebsrates am Standort Lobberich: „Das ist viel Raum für Spekulation. Aber den Verlust von 100 Arbeitsplätzen kann ich nicht bestätigen.“

In Neuss jedenfalls freut man sich über den Erhalt der alten und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. „Außerordentlich glücklich“ zeigte sich Bürgermeister Herbert Napp. Er deutete an, er habe von einem der Verhandlungsführer erfahren, dass diese Arbeitsplätze „auf Generationen in Neuss sicher“ seien.

Die Stadt hat seit Monaten mit dem Unternehmen verhandelt und die Grundlagen für einen möglichen Umzug samt Erweiterung geschaffen. Napp zollte in diesem Zusammenhang ausdrücklich dem Justiziar im Baudezernat, Andreas Galland, Respekt: Er habe das „prächtig abgearbeitet“. Die Stadt wird das Gelände für Pierburg erschließen; dazu gehört auch der Bau einer Fußgängerbrücke von der Rheintor-/Batteriestraße auf das künftige Pierburg-Gelände.

Es gebe einen engen Zeitrahmen, betonte Napp. Er jedenfalls rechnet mit einer Einweihung des neuen Werks „noch während meiner Amtszeit“. Die endet im Herbst 2015.

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