Bloß nicht aufsteigen

Der Meister der Ringer-Oberliga NRW muss aufsteigen. Ein Verzicht wird hart bestraft. Doch die Teams wollen nicht. So brachten KSK Konkordia Neuss und TV Essen-Dellwig im Topduell beide zu viele Ringer mit falschem Gewicht auf die Matte. Beide erhalten zwei Minuspunkte.

Bloß nicht aufsteigen
Foto: Andreas Woitschützke

Neuss. Im Fußball wird gerade diskutiert, dass Meister einer Liga, in diesem Fall der Regionalliga, auch immer sicher aufsteigen sollen. Im Ringen versuchen viele Teams offenbar, genau das gerade zu vermeiden. Wegen des Wegfalls der 2. Bundesliga hat der Deutsche Ringerbund (DRB) alle Meister der vormals drittklassigen Regional- oder Oberligen in dieser Saison dazu verdonnert, ins nationale Oberhaus aufzurücken. Und das will — im Übrigen quer durch die ganze Republik — so gut wie keiner. Auch nicht die Ringer der Oberliga NRW. Wer es bis zum letzten Kampftag am kommenden Wochenende nicht geschafft hat, sich von Platz eins abzuseilen, ist Meister — und hat kaum einen Grund zum Feiern.

Das gilt denn auch für KSK Konkordia Neuss und den TV Essen-Dellwig. Bis Samstagabend waren beide die Topklubs der Westliga, machten aber keinen Hehl daraus, dass sie einem erzwungenen Aufstieg in die 1. Bundesliga wenig bis gar nichts abgewinnen können. Das Problem: Wer sich dem Aufstieg entzieht, wird vom DRB hart sanktioniert — Zurückstufung auf Landesebene sowie eine saftige Geldstrafe von 5000 Euro.

Also zogen die beiden Klubs die Reißleine. Wohl in einem Selbstverteidigungsakt schickte KSK-Trainer Max Schwindt in Ibrahim Deziev, Lom-Ali Eskijev und Leon Tagner gleich drei Ringer auf die Matte, die nicht das zulässige Gewicht für ihre Klasse aufwiesen. Sein Kollege Christian Jäger hatte in seiner Truppe in Hamzat Awtaew und Nikolaj Siroglazov zwei Kämpfer mit Übergewicht. Weil sowohl Neuss als auch Dellwig die Gewichtsklasse bis 75 Kilogramm gar nicht besetzt hatten, erfüllten beide Rivalen nicht die Vorgabe von neun Aktiven, davon acht mit dem passenden Gewicht. Die Folge: Auf der Matte gewann Neuss zwar mit 12:9, gewertet wurde das vermeintliche Duell um die Krone jedoch mit 0:0 — in der Tabelle erhielten die Kontrahenten jeweils zwei Minuspunkte.

Das bedeutet jetzt: Vor dem letzten Wochenende der Saison liegen Dellwig, Neuss und der AC Köln-Mülheim mit 18:8 Zählern punktgleich an der Tabellenspitze. Weil davon auszugehen ist, dass das am Aufstieg nicht interessierte Trio seine Kämpfe im Gleichschritt verlieren wird, zöge Dellwig den Schwarzen Peter. Denn der neue Spitzenreiter liegt im direkten Vergleich der drei Führenden mit 4:4-Zählern aufgrund der größeren Anzahl der gewonnen Kämpfe vor den nun punktgleichen Mülheimern und den Neussern (2:6).

Offen kommuniziert werden diese wenig sportlichen, aber nachvollziehbaren Aktionen natürlich nicht. Und so versichert Schwindt — wie im Übrigen auch Dellwig —, dass er sehr wohl gewillt gewesen sei, die bestmögliche Mannschaft aufzustellen. „Aber Julian Lejkin ist gesundheitlich schwer angeschlagen, Daniel Hofsetz und Jonas Billstein sind verletzt.“

Noch am Abend zuvor hatte Vorstandsmitglied Thomas Perlick bei der Jahreshauptversammlung erklärt: „Vor einer Saison in der höchsten Liga würden wir uns nicht sträuben, die Zahlen geben das her.“ Was sich der Verein nicht leisten wolle, so Perlick weiter, wäre, Sponsorengelder dafür zu verwenden, die im Falle des Zwangsaufstieges für den Rückzug fällige Strafe von 5000 Euro zu zahlen. Zumal der Klub bei einer Ligarückstufung „im Nirwana verschwände“.

Dabei ist die Rückkehr in die Erste Liga, der Konkordia von 2000 bis 2012 ununterbrochen angehörte, das erklärte Ziel des Vereins. Nur eben nicht jetzt. „In ein, zwei Jahren sind unsere Eigengewächse so weit, dass sie da mithalten können. In dieser Saison macht der Aufstieg, zumindest in der aktuellen Konstellation, jedoch gar keinen Sinn“, sagt Schwindt.

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