Bei „Schmolz + Bickenbach“ werden weitere Arbeitsplätze wegfallen

Neben einem deutlichen Jobabbau geht es ab heute in der dritten Runde des Restrukturierungsprozesses der „Schmolz + Bickenbach Distributions GmbH“ auch um einen Haustarifvertrag. Die Gewerkschaft will Lohndumping verhindern.

Nordstadt „Unterirdische Stimmung“ macht Bettina Schagun aus, wann immer sie in diesen Tagen mit Kollegen der „Schmolz + Bickenbach Distributions GmbH“ spricht. Und die Betriebsratsvorsitzende kennt auch den Grund dafür: Nach zwei erfolglosen Restrukturierungs-Runden, die seit 2011 in dem Werk an der Stadtgrenze zu Düsseldorf 260 Arbeitsplätze gekostet haben, geht es nun in Runde drei um eine weitreichende Aus- und Umgliederung, weiteren Jobabbau — und bares Geld. „Man will massiv mit dem Lohn runter“, fasst Volker Consoir die Hauptintention des Arbeitgebers zusammen, der gestern für keine Stellungnahme zu erreichen war. Ihm will Consoir, der zweite Bevollmächtigte der IG Metall, heute die Stirn bieten, wenn über einen Haustarifvertrag gesprochen wird.

Ulrich Steiner, Sprecher „Schmolz + Bickenbach“

Wenn Consoir von diesem Wirtschaftskrimi mit internationaler Beteiligung spricht, muss er sich vorher Notizen machen. Denn die Vorgeschichte ist kompliziert. Sie beginnt damit, dass der 1919 als Stahlhandel gegründete Konzern seine Sparte für Vertrieb und Lager, die auch der Automobilindustrie zuarbeitet, ausgliederte und als GmbH auf eigene Füße stellte. Zweimal wurde ein Anlauf genommen, um durch Restrukturierung diesen mit anfangs 662 Köpfen größten Unternehmensteil zukunftsfit zu machen. Echten Veränderungswillen aber konnte der Betriebsrat nicht erkennen. „Das hatte nur mit Personalabbau zu tun. Sonst ist alles beim Alten geblieben“, sagt Schagun. Als Mitte 2015 der Stammsitz des Traditionskonzerns endgültig in die Schweiz verlagert wurde, wurde diese Sparte verkauft. „Der Verkauf ist rechtlich abgeschlossen“, sagt Ulrich Steiner, Sprecher der „Schmolz + Bickenbach Group“ in Luzern.

Der Konzern galt lange als Perle des Mittelstandes, bis er sich durch Zukäufe verhob. So wurden unter Leitung der Familie Storm auch Werke von ThyssenKrupp übernommen und der Sprung an die Börse geschafft. Mit der Finanzkrise 2008 wurde „S+B“ ein Sanierungsfall. Der russische Oligarch Viktor Veckelsberg kam an Bord, heute größter Aktionär der Mutterfirma.

Neuer Besitzer der Distributions GmbH ist die zur IMS-Gruppe gehörende französische Firma „Jacquet Metal Service“. Die Befürchtungen der Belegschaft, der neue Erwerber würde ihre Firma schließen und sich so eines Konkurrenten entledigen, bewahrheiteten sich nicht, sagt Consoir. Viel mehr Positives fällt dem Gewerkschafter zu den neuen Besitzern nicht ein, die offenbar Pläne haben.

Die Distributions GmbH, die demnächst auch nicht mehr „Schmolz + Bickenbach“ im Namen führen soll, soll Anfang 2017 in fünf Einzelgesellschaften aufgeteilt werden. Damit werden noch einmal 105 Jobs wegfallen. „Der Personalabbau läuft schon“, sagt Schagun.

Dabei sei auch Langzeitkranken ohne Anhörung des Betriebsrates die Kündigung ausgesprochen worden, ergänzt Consoir. Er glaubt, dass „die Sozialauswahl nicht eingehalten wird“. Der Jobabbau, der die Belegschaft auf unter 300 Köpfe schrumpfen lässt, wurde mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan schon ausgehandelt.

Das sei betriebsintern zu regeln, sagt Consoir. In sein Metier fällt nun der Kampf um den Haustarifvertrag, der seit 2004 immer angewandt worden sei — und von dem der neue Besitzer nun nichts mehr wissen wolle. Die Tariferhöhung im Juli habe er schon nicht weitergegeben, sagt Consoir. Dieser Fall sei schon beim Arbeitsgericht.

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