Ausländerhetze: Staatsschutz hat Facebook-Seite „Nüssbook“ im Visier

Immer wieder tauchen rassistische User-Kommentare auf. Der Administrator offenbart ganz eigene Ansichten zum Holocaust.

Ausländerhetze: Staatsschutz hat Facebook-Seite „Nüssbook“ im Visier
Foto: Screenshot

Neuss. Tipps bei der Suche nach Umzugshelfern, Restaurantempfehlungen oder Annoncen für Dinge, die man nicht mehr braucht. Eigentlich soll die Facebook-Gruppe „Nüssbook — Neusser helfen Neussern“ ein Netzwerk zum praktischen Austausch sein. Doch die Gruppe mit mehr als 6700 Mitgliedern gerät immer wieder in die Kritik, weil dort gegen Ausländer gehetzt wird, rechtsradikale Äußerungen fallen und krude Verschwörungstheorien verbreitet werden. Eine zentrale Rolle spielt dabei offenbar Wolfgang Schmitz, nach eigenen Angaben Gründer und einer von vier Administratoren der Gruppe. Einige seiner Posts scheinen schlicht abstrus, wie der, dass es die Dinosaurier nie gegeben habe und sie vielmehr eine „Illusion“ oder „Science Fiction“ seien.

Doch offenbar gibt es auch Kommentare von Schmitz, in denen er den Holocaust anzweifelt. Der Blog „neusserbullshit“ sammelt die rechten Ausfälle, die in der Facebook-Gruppe veröffentlicht werden. Da heißt es etwa: „Die Gaskammern dienten bevorzugt der Entlausung, eine andere Nutzung konnte nie erklärt und bewiesen werden.“ Das Archiv des Blogs geht zurück bis in den Mai 2016. In der Facebook-Gruppe selbst sind die meisten dieser Beiträge inzwischen offenbar gelöscht.

User-Beitrag auf der Facebookseite

Nicht nur Schmitz, der selbst aus Neuss kommt und einen derzeit geschlossenen Laden für Haushaltsgeräte betreibt, auch andere Mitglieder fallen mit rechten Posts auf. So beschimpfte am 23. November ein Nutzer seinen Nachbarn aus Afrika als „Sozialschmarotzer“ und als „widerlich“. Für seine Äußerungen erhält er in der Gruppe Kritik, aber auch viel Zuspruch.

Die Polizei kennt die Gruppe. Im Januar warnte sie vor Selbstjustiz, nachdem in dem Netzwerk über die Gründung einer Bürgerwehr für die Quirinusstadt diskutiert wurde — als Reaktion auf die Kölner Silvesternacht. Nach einigen weiteren Hinweisen auf die bedenklichen Inhalte der Facebook-Gruppe hat nun der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen. „Wie das Ganze strafrechtlich einzuordnen ist, muss sich zeigen“, sagte ein Polizeisprecher.

User, die sich den rechten Parolen entgegenstellen, werden von den Admins offenbar aus der Gruppe entfernt. Das berichtet ein ehemaliger Nutzer. Als Schmitz die Gruppe übernahm, habe der Ruck nach rechts begonnen. „Der hat dort seine wirren Theorien reingeballert. Und jeder, der gefragt hat, was das soll, wurde ermahnt und schließlich aus der Gruppe geworfen“, sagt er. Das ehemalige Mitglied geriet mehrfach öffentlich mit Schmitz in Konflikt. „Dabei ging es meist um das Thema Flüchtlinge“, sagt er, und „da platzt mir der Hals, wenn pauschal gegen Flüchtlinge gehetzt wird“. Ähnliches erzählt auch ein weiteres ehemaliges Mitglied. Dieser Nutzer habe Facebook im Januar aufgefordert, die Gruppe zu überprüfen und eine Sperrung zu erwägen. Herausgekommen sei bei der Prüfung offenbar nicht viel, das Netzwerk existiert weiter.

Wolfgang Schmitz teilte auf Anfrage mit, er lasse bewusst große Freiheit in Bezug auf die Beiträge walten: „In vielen, ja nahezu allen anderen Facebook-Gruppen sind politische, gesellschaftliche Diskussionen unerwünscht (...). Hier habe ich von Anfang an keine Stimmen unterdrückt und versucht, alles in Ruhe und mit Netiquette auszudiskutieren.“ Auf die Frage, warum er Hetz-Kommentare zulasse, antwortete er: „Manche Diskussion wird gesprengt und verlagert sich in Richtung persönlicher Angriffe und Anfeindungen.“ Seine Möglichkeiten, als Administrator einzugreifen, seien „mehr als beschränkt“. Er könne „als Admin kein Richter sein, höchstens Schlichter und Ermahner“.

Auf den Holocaust angesprochen, reagierte Schmitz so: „Bei Recherchen im Internet stieß ich vermehrt auf Seiten, die eine ganz andere Geschichte erzählen, so auch über die KZs und die Gaskammern, den Holocaust. Selbst etliche Juden bezweifeln zunehmend die niedergeschriebenen Ereignisse dieser absolut schlimmen Zeit. Insbesondere zweifelhaft erscheint die Zahl von sechs Millionen jüdischen Opfern/Toten.“ Mit diesen Äußerungen bewegt sich Schmitz im juristischen Grenzbereich. Laut Paragraph 130 des Strafgesetzbuches wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft, wer „eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung (...) in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost“.

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