Alternativsitzung: Auf Stimmenfang im Altenheim

„Jecken, wollt Ihr ewig schunkeln?“ fragen die Stunker in der Wetthalle — und ernten tosenden Applaus.

Neuss. Das ganze Jahr über harren sie in Käfigen in einem Camp bei Zons aus, jetzt endlich hat man sie wieder rausgelassen: die Stunker! Mit Biss, tiefsinnigem Humor und gagaesken, irre lustigen Wortspielen begeisterte das Stunk-Ensemble vom Theater am Schlachthof wieder einmal die Zuschauer in der Wetthalle.

Zum 19. Mal feiern sie den alternativen Karneval und sich selbst. Der Termin ist gesetzt, alle Vorstellungen sind ausverkauft — mit gutem Grund: Die Pointen knallen, das Timing sitzt.

Selbstverständlich spielt die Rahmengeschichte in Neuss, „das so schwarz ist wie Roberto Blanco im Dark Room“. Die Selbstkorrektur folgt prompt mit Rückblick auf die Landtagswahl: „In Neuss kann sogar ein Besenstiel aufgestellt werden. Aber nicht, wenn der Besenstiel Geerlings heißt.“ Warum denn Fraktionschefin Koenemann im wahren Leben Anwältin für Erbrecht sei? „Na ja . . . als Nachlassverwalterin der CDU wickelt sie den Laden ab.“

Weitere Tatsachen werden schonungslos offengelegt: „Neuss hat jetzt ein Gummibärchen-Outlet — fehlt nur das Designer-Outlet von Kick“, frotzelt Moderator Harry Heib, an dessen Seite sich immer wieder eine neue hübsche Co-Moderatorin Ilva als „Beiwerk“ einfindet.

Die hohe Politik trifft sich im Gnadentaler Altenheim, wo sich die Insassen mit Klosterfrau Melissengeist ins Koma saufen und mit Corega Tabs ’ne Line ziehen. Kanzlerin Angela Merkel ist im Wahlkampf in der „Swing-Stadt“ Neuss (analog zu den US-Swing-States) auf Stimmenfang. Undercover. Allerdings: „Wie soll ich mich tarnen? Meine Mundwinkel nähern sich dem Erdkern“, konstatiert „Mutti“. Auch die „Robbenbabys der Gesellschaft“ Sigmar Gabriel (Jens Spörckmann) und Karin Göring-Eckardt (Franziska Lehmann) wollen die Stimmen der Heimbewohner.

Mit Angela Merkel gibt Sabine Wiegand neben der „Rosi“ ihre Paraderolle, in der sie als „Yin und Yang der Politik“ sichere Lacher erntet. Ihr Erfolgsrezept: der typische „Merkel-Style“ (nach Gangnam-Style von PSY). „Von Mutti lernen heißt schubsen lernen“, sagt sie selbstbewusst. Mit „Muttis“ Charme überspielt Sabine Wiegand am zweiten Bühnenabend dann auch lässig den ein oder anderen Texthänger.

Unverzichtbar für die Stunksitzung sind zudem Piffel & Poffel und Heinz, der selbst ernannte Alleinunterhalter aus Glehn, sowie die umgedichteten Songs: Aus dem Toten-Hosen-Lied „An Tagen wie diesen“ wird in der Wetthalle: „Mit Schnäuzern wie diesen“ — kann man nur ein Kölner sein.

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