15. Tour de Neuss startet am Mittwoch

Bei der diesjährigen Ausgabe tritt auch der Deutsche Meister von 2015, Emanuel Buchmann, an.

15. Tour de Neuss startet am Mittwoch
Foto: dpa

Neuss. Nein, einen Sturz wie im vergangenen Jahr sollte Emanuel Buchmann am Mittwoch tunlichst vermeiden. Schließlich hat der 23-Jährige, derzeit als bester Deutscher im Gesamtklassement der Tour de France unterwegs, nach seinem Start bei der „Tour de Neuss“ noch ein etwas vor: Der gebürtige Ravensburger, der im zweiten Jahr für das Team Bora-Argon 18 fährt, führt das deutsche Aufgebot für das olympische Straßenrennen in Rio de Janeiro an — und das startet am 6. August am Fort Copacabana.

Aus solchem Holz sind sie geschnitzt, die neuen „Helden der Landstraße“: Statt nach 3535 Kilometern bergauf und bergab durch Frankreich die Beine hochzulegen, stehen sie drei Tage später auf der Kaiser-Friedrich-Straße an der Startlinie — und das für vergleichsweise kleine Antrittsgage.

Neben Buchmann tun dies weitere fünf Fahrer, die noch bis Sonntag bei der Tour de France unterwegs sind: Seine Teamkollegen Paul Voss und Andreas Schillinger, die 2015 und 2014 die Tour de Neuss gewannen, Robert Wagner und Paul Martens (beide Team Lotto NL-Jumbo), im vergangenen Jahr in den gleichen Sturz wie Buchmann verwickelt, was ihn eine Nacht im Lukaskrankenhaus verbringen ließ, und der Luxemburger Ben Gastauer (Team AG2R La Mondiale).

Mehr als die Verpflichtung dieses Sextetts, sagt Andreas Kappes, gibt der wie immer schmale Etat nicht her. „Ich hätte auch André Greipel oder John Degenkolb holen können“, sagt der Sportliche Leiter, „aber dann hätten die ziemlich alleine an der Startlinie gestanden.“ Will heißen: Für gute Konkurrenz wäre in diesem Falle kein Geld mehr da gewesen, hinter den „Stars“, die in diesem Jahr ohnehin keine große Rolle spielen bei der Tour de France, wäre das Feld bloß „aufgefüllt“ worden.

Solche Rennen gibt es, gerade in den ersten Tagen nach der Frankreich-Rundfahrt. „Aber das wäre Zirkus“, sagt Stephan Hilgers, der Vorsitzende des ausrichtenden Neusser Radfahrervereins (NRV), „wir machen lieber Sport.“

Hans-Peter Nilges, Radsporttrainer des VfR Büttgen

Da möchte ihm Hans-Peter Nilges nicht widersprechen, im Gegenteil. Der erfahrene Radsport-Trainer, unter dessen Fittichen beim VfR Büttgen Talente wie Max Stahr und Nils Schomber heranwuchsen, schnalzt beim Blick auf die knapp 50 Namen umfassende Starterliste für die 15. Auflage der Tour de Neuss am Mittwoch anerkennend mit der Zunge: „Das ist ein ganz hervorragend besetztes Feld.“

Damit meint er weniger die sechs Tour-Asse, sondern Fahrer wie Nikias Arndt (Team Giant-Alpecin), der vor zwei Monaten die Schlussetappe des Giro d’Italia gewann, Jonas Koch (Verva Active Jet Pro Cycling Team), der gerade bei der Polen-Rundfahrt für Furore sorgt, oder Lennard Kämna (Team Stölting). Nicht zu vergessen den Düsseldorfer Ruben Zepuntke (Team Cannondale), der hofft, in einem Jahr beim „Grand Départ“ in seiner Heimatstadt — Mutter Klaudia ist stellvertretende Bürgermeisterin der Landeshauptstadt — nicht nur als „Tour-Botschafter“, sondern als Aktiver dabei zu sein. Oder Lucas Liß, beim rad-net Rose-Team Mannschaftskollege von Nils Schomber und im Vorjahr Bahnrad-Weltmeister im Scratch, dem als Bahnspezialisten der enge Rundkurs in Neuss entgegen kommen müsste. Und der als Prolog-Sieger bei der Tour de Normandie in diesem Frühjahr auch seine Straßenqualitäten unter Beweis stellte.

„Das sind alles Fahrer, die in den nächsten Jahren das Gesicht des deutschen Radsports bilden“, sagt Nilges. Eine Investition in die Zukunft also. Jedoch eine, die dem NRV von Jahr zu Jahr schwerer fällt. „Wir konnten den Etat nur halten, weil wir 20 neue Kleinsponsoren hinzugewonnen haben“, sagt Barthel Winands, fürs Marketing zuständiger 2. Vorsitzender des NRV. Die lockt unter anderem, dass sie sich erstmals auf der LED-Großleinwand präsentieren können, „die uns die Stadtwerke kostenlos zur Verfügung stellen,“ so Winands.

Die NRV-Macher hatten sich von einer erfolgreichen Tour-de-France-Bewerbung einen stärkeren Rückenwind für den Radsport erhofft. „Nach dem halbherzigen Votum von Sportausschuss und Stadtrat in Neuss werden wir wohl weiter alleine darum kämpfen müssen, dass Neuss nicht von der (rad-)sportlichen Landkarte verschwindet“, sagt Stephan Hilgers. Sein Sportlicher Leiter nimmt es mit Humor: „Bei der Tour de France“, sagt Andreas Kappes, „sehen sie die Fahrer höchstens eine Minute lang, bei uns 88 Runden.“

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