Netzausbau: Landwirte streiten über Enteignung von Ackerland

Amprion verlegt ein Erdkabel auf mehr als 300 Kilometern Länge.

Enteignung oder nicht Enteignung — diese Frage stellten schon zu Beginn einige Landwirte bei der Info-Veranstaltung des Stromnetzbetreibers Amprion, die jetzt im Haus Baumeister stattfand. Eingeladen hatten der Rheinische Landwirtschaftsverband und die Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach. Gekommen waren etwa ein Dutzend Landwirte, eine Handvoll Vertreter der Verbände sowie Projektmitarbeiter von Amprion.

Konkret ging es bei der Präsentation und Diskussion um die Erdkabel, die den Konverter in Emden mit dem Konverter im Kreis Neuss — egal, wo er letztendlich stehen wird — verbinden sollen. Der Standort des Konverters war jedoch nicht Thema an diesem Tag, das wurde gleich zu Beginn der Veranstaltung klargestellt. Dass die Suche nach einer geeigneten Fläche noch nicht abgeschlossen sei, betonten Amprion-Projektsprecher Jonas Knoop und Amprions stellvertretender Projektleiter Arndt Feldmann auch während ihres Vortrags immer wieder.

Insbesondere naturgeschützte und dicht besiedelte Flächen kämen nicht für die Verlegung der Erdkabel in Frage. Ebenso sei man zur Bündelung verpflichtet: Wo also schon andere Leitungen liegen, müsse bevorzugt geplant werden. Auf die Frage eines Landwirtes, wieso es am Ende meist Ackerland treffe, muss auch Knoop zugeben, dass dieses nicht nur leicht zugänglich, sondern in der Regel auch am günstigsten sei.

Die tatsächlichen Auswirkungen auf Boden und Bewuchs durch die Erdkabel sind nicht unerheblich: Auf einer Breite von voraussichtlich 35 Metern und einer Tiefe von bis zu zwei Metern werde sich die Wanderbaustelle etwa 100 bis 200 Metern pro Woche voran arbeiten, sagte Knoop.

Holger Hübert, Verantwortlicher für Entschädigungen bei Amprion

Die Erdschichten würden zwar untersucht, der Reihe nach abgetragen und wieder aufgefüllt werden, trotzdem plant Amprion mit einer Erholungszeit von ein bis zwei Jahren für die vollständige Rekultivierung der Fläche. Knoop versicherte mehrfach, dass der Boden oberhalb der Leitungen mit schwerem Gerät befahrbar sei.

Was den Ruf nach Enteignung wieder laut werden ließ, war der Umstand, dass zusätzlich zu den Bauarbeiten alle betroffenen Landwirte ständigen Zugang für Reparaturarbeiten gewähren müssten. Das bedeute auch, dass oberhalb der Erdkabel keine Gebäude errichtet oder tiefwurzelnde Gehölze angepflanzt werden dürften. Die verlegten Backup-Leitungen sorgten zwar dafür, dass eine Reparatur mit den Bewirtschaftern zeitlich koordiniert werden könne. „Es muss aber sichergestellt sein, dass wir dran kommen“, sagte Holger Hübert, Verantwortlicher für Leitungsrechte und Entschädigung beim Übertragungsnetzbetreiber Amprion.

Die finanzielle Entschädigung war der letzte große Diskussionspunkt. Berechnet würde, so Hübert, zunächst der Durchschnitt für die ganze Gemeinde, in Absprache mit den Verbänden. Diese Rahmenvereinbarung sei aber nur ein Angebot. Jeder Eigentümer könne für sein Grundstück eine individuelle Berechnung einfordern. Die Höhe der Entschädigung sei Amprion „mehr oder weniger egal“, dies sei ein durchlaufender Posten, der an die Bundesnetzagentur weitergegeben würde, hieß es bei dem Treffen in Strümp.

Besagte Trassenkorridore sind bislang allerdings noch Theorie. Bis zum Planfeststellungsverfahren der Bundesnetzagentur 2019 hat Amprion Zeit, alle Korridore auf ihre Tauglichkeit hin zu prüfen und mit den Eigentümern und Pächtern der Flächen in Kontakt zu treten. „Es ist uns wichtig, im Dialog zu bleiben“, so Knoop vor den Meerbuschern Landwirten. chal

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