Meerbusch: Deichbau - Der Kampf um die Pappeln ist vorbei

Die Obstbäume in Langst-Kierst und die Pappeln in Nierst sind gefällt, doch die Kritiker verstummen nicht.

Meerbusch. Die Vorbereitungen für die Deichsanierung in den Rheingemeinden sind unübersehbar. In Langst-Kierst und Nierst fallen Obstbäume und Pappeln, um Platz für den Neuaufbau des Deichs zu schaffen. Nach jahrelangem Planungsprozess hatte die Initiative Pro Pappel Ende 2009 im letzten Moment versucht, die Pappeln in Nierst zu retten. Vergeblich: Der Deichverband sah keine Möglichkeit für eine baumerhaltende Deichsicherung.

Die Entscheidung stößt bei Baumfreunden auf Kritik. Einige Stimmen im Wortlaut:

Es gab eine Zeit, da war Alleenschutz Chefsache: So ordnete Preußens König Friedrich Wilhelm IV. beispielsweise in seinem Alleen-Erlass von 1841 an, "aufs Strengste darauf zu achten, dass Lichten und Aushauen prachtvoller Alleen künftig durchaus unterbleibe". Schade, dass weder der Deichgräf noch der Bürgermeister die Pappel-Allee zur Chefsache erklärt haben.

Dabei hätte es durchaus Möglichkeiten gegeben, eine Korrektur der abgeschlossenen Planung vorzunehmen. Es fehlte jedoch am Willen. Die armen Untertanen müssen dies zähneknirschend hinnehmen. Kämpfen wir trotzdem weiter für die Stadt im Grünen, damit unsere Nachfahren nicht von der Stadt im Grauen reden werden.

Andrea Blaum, Büderich

Glückwunsch, Herr Deichgräf! (...) In erster Linie können Sie sich bei allen Meerbuscher Gremien, Verbänden, aber auch uns Bürgern bedanken, dass wir in den letzten Jahren tief geschlafen haben. Es ist beschämend, mit welcher Gleichgültigkeit die Verwaltung und Lokalpolitik über alle Parteigrenzen hinaus der Fällung der Pappeln und anderer Bäume tatenlos zusehen.

Die Stadt hätte als Trägerin öffentlicher Belange die Pflicht gehabt, für eine bessere Information der Bürger zu sorgen und sich für den Landschaftsschutz einzusetzen. (...) Während sich der Nierster Bürgerverein nachhaltig um das Herausputzen seiner "Neuen Mitte" mit niedrigem Strauchwerk kümmerte, konnte der Deichgräf vor den Toren der Freien Herrlichkeit ungestört agieren.

War der Kampfgeist der Nierster mit der Verhinderung der Biogasanlage etwa erschöpft? Bezeichnend ist, dass der größte Teil der Unterschriften gegen die Fällungen aus Lank kam. Samstäglich jaulen seit Jahren im Dorf Motorsägen. Während in Düsseldorf eine Baumschutzsatzung umgesetzt wird, kann in der "Stadt im Grünen" jeder machen, was er will. Hier sollte angesetzt werden, damit wir uns irgendwann den Schlaf der letzten Jahre verzeihen können.

Thomas Hechtle-Wacker, Nierst

Zwecks Deichsanierung werden etwa 400 Bäume gefällt, davon allein 150Obstbäume in Langst-Kierst. Mit mehr Achtung gegenüber der Natur hätte man 86 Pappeln erhalten können, denn der Gutachter bleibt dabei, dass es heute günstige technische Lösungen für Wurzelprobleme gibt, die zudem die Deichsicherheit gewährleisten. Wirkliches Natur- und Umweltinteresse ist in den Chefetagen, unter anderem bei der Stadt, den Grünen und dem Naturschutzbund kaum vorhanden. Noch gibt es Sauerstoff, noch gibt es andere Bäume und noch glaubt man gerne, dass es das Sicherste ist, die Bäume zu fällen. Sicher ist sicher, nach mir die Sintflut. Georg und Renate Brors, Nierst

Jetzt wird sie also gefällt, die schöne, gesunde Pappelreihe in Nierst. Alle Vorschläge der Baumfreunde werden somit in den Wind geschlagen. Scheinheilig wurde auf gut durchdachte Alternativen von Sachverständigen eingegangen, um anschließend mit Sturheit weiter zu machen wie gehabt. Allein die Tatsache, dass bereits jetzt mit der Fällung der Bäume begonnen wird, obwohl die Bauarbeiten erst in ein bis zwei Jahren bis Nierst vordringen, zeigt, dass so schnell wie möglich Fakten geschaffen werden, um die Menschen, die sich für den Erhalt der Bäume einsetzen, mundtot zu machen.

Helga Fingerhut, Büderich

Es ist schon traurig, wie wenig Sinn für die belebte Natur und den Wert von großen Bäumen im Besonderen manche Zeitgenossen heute haben. Trotz aller Aufklärungsversuche und Alternativen gibt es immer noch so viel Gleichgültigkeit und Borniertheit. Sind es nur einseitige Technikgläubigkeit und übersteigertes Sicherheitsdenken, die unser Handeln bestimmen? Hat die Natur einfach keinen Platz mehr? Oder ist es, wie in diesem Fall, das Problem, dass einzelne Persönlichkeiten auf dem Standpunkt stehen "Hier entscheide ich!" Auch wenn es einige hundert andere Stimmen gibt, die sagen "Wir wollen das nicht - und es gibt bessere Lösungen". Das ist keine ermutigende Erfahrung mit unserer Demokratie. (...)

Gitta Röth, Osterath

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